Thema Naturerwachen - Apfelblüte. Foto: SKJV
«Wie gesund ist Justizvollzug? - Forum Justizvollzug 2019»
Das zweite Forum Justizvollzug des Schweizerischen Kompetenzzentrums für den Justizvollzug SKJV fand am Mittwoch, 27. und Donnerstag, 28. November 2019 im Kongresszentrum Weltpostverein in Bern unter dem Titel «Wie gesund ist Justizvollzug?» statt. Die Tagung war mit 300 Teilnehmenden ausgebucht. Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis des Justizvollzugs, der Forschung und der Politik diskutierten über neue Konzepte und Herangehensweisen der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung im Justizvollzug.
Tagungsfilm Forum 2019
Ältere und kranke Menschen im Justizvollzug
Im November 2019 veröffentlicht das SKJV die Ergebnisse seiner Studie, die erstmals Auskunft über den Bestand und die Versorgung von Menschen über 60 Jahren im Justizvollzug gibt. Auf Basis einer schweizweiten Erhebung bei 66 Einrichtungen des Justizvollzugs wird die Gesundheit der Senioren im Vollzug beleuchtet und die Ressourcen ermittelt, die heute für ihre Betreuung vorhanden sind. Zusätzlich wird mit Hilfe von statistischen Daten eine Prognose erstellt über die künftige Entwicklung dieser Altersgruppe bis im Jahr 2035. Diese wird im Folgejahr weitergeführt.
Basisbildung für inhaftierte Personen BiSt ist nun Angebot des SKJV
Die Fachstelle Bildung im Strafvollzug (BiSt), welche mit den ihr angeschlossenen Lehrpersonen das Schulungsangebot in Basisbildung für inhaftierte erwachsene Personen in den Schweizer Justizvollzugsanstalten anbietet, zog Ende 2019 von Luzern nach Fribourg um. Die Fachstelle BiSt wurde damit gleichzeitig ins SKJV integriert.
Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk Zentralschweiz SAH hat die Basisbildung für inhaftierte Personen seit 2007 entwickelt und zu Beginn in 6 Anstalten umgesetzt. Das damalige Pilotprojekt wurde von der Drosos Stiftung finanziert. 2010 übernahm die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und –direktoren (KKJPD) die Finanzierung und die Einrichtung von Lerngruppen in den Justizvollzugsanstalten wurde sukzessive ausgebaut. Ende 2019 waren 145 Lerngruppen in 34 Anstalten installiert.
Ziele der Basisbildung sind die kommunikative Bewältigung des Alltags in den Anstalten (für fremdsprachige Personen) sowie die Vorbereitung auf die Wiedereingliederung in Arbeitswelt und Gesellschaft. Dafür stehen gezielte, individualisierte schulische Interventionen beispielsweise in Mathematik, Deutsch und Allgemeinbildung sowie im Umgang mit Computern (ICT) zur Verfügung.
Mit der Integration der Fachstelle BiSt wechselten 58 Mitarbeitende den Arbeitgeber. Unter dem SKJV können die bislang 155 solidarisch finanzierten Lerngruppen bis auf 168 Lerngruppen erweitert werden. Diese Lerngruppen werden durch die Kantone finanziert. Darüber hinaus können die Kantone auf Wunsch weitere 32 Lerngruppen in Eigenfinanzierung installieren, was einem Total von 200 möglichen Lerngruppen bis im Jahr 2024 entspricht.
Neue online-Plattform für den Justizvollzug: der Expertenpool
Das SKJV stellte Ende 2019 eine neue Plattform online. Experten des Justizvollzuges suchen oder finden.
Alle Personen, die sich als Experten und Expertinnen des Justizvollzugs betrachten, können dem Expertenpool beitreten, auch Mitglieder der strategischen Gremien und Mitarbeitende des Schweizerischen Kompetenzzentrum für den Justizvollzug. Der Expertenpool deckt ein möglichst breites Spektrum an Justizvollzugs-Expertise ab, welche für das Praxisfeld von Bedeutung ist. Der Expertenpool bringt die bestehende Expertise des Justizvollzugs transparent, dynamisch und selbstverwaltet hervor.
Schaffung der Geschäftsstelle Electronic Monitoring
2019 wurde eine gemeinsame interkantonale Trägerschaft für die Investition und den Betrieb des Gesamtsystems EM (Electronic Monitoring) in Form eines Vereines eingerichtet. Dieser Verein wurde am 15. November 2019 während seiner ersten Mitgliederversammlung gegründet. Gleichzeitig wird der Projektauftrag freigegeben. Spätestens am 1. Januar 2023 wird die definitive nationale Lösung in Betrieb genommen. (Ende der Übergangslösung Zürich). Bis Ende 2019 sind 21 Kantone dem Verein beigetreten.
Es wurde gleichzeitig entschieden, die administrative Geschäftsstelle des Vereins Electronic Monitoring dem SKJV anzugliedern. Das SKJV soll für den Verein EM die Geschäftsstelle betreiben.
Das SKJV hat zur Erledigung dieses Mandats eine Geschäftsführerin zu 50 Prozent angestellt. Die Stelle wurde durch Janine Repetti-Dittes besetzt, die unter der Leitung von Guido Sturny, Co-Bereichsleiter Leistungsbereiche Praxis arbeitet. Diese namentliche Nominierung wurde auch in der Vereinsversammlung vom 15. November gutgeheissen.
Vorgeschichte
Von 1999 bis 2017 nahmen sieben Kantone (VD, GE, TI, BE, BS, BL und SO ab 2003) an einem Modellversuch für die elektronische Überwachung (EM) teil; dies anstelle von kurzen Freiheitsstrafen oder am Ende von langen Freiheitsstrafen.
Seit der Revision des Sanktionenrechts, welches per 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, sind alle Kantone verpflichtet, EM anstelle von kurzen Freiheitsstrafen oder am Ende von langen Freiheitsstrafen anzubieten (At. 79b StGB). EM ist seit dem Jahr 2011 auch zur Überwachung von Ersatzmassnahmen (Art. 237 StPO) sowie seit 2013 zur Überwachung von Kontakt- und Rayonverboten (Art. 67 StGB) gesetzlich vorgesehen.
Im Herbst 2014 beschloss die Herbstversammlung der KKJPD, dass schweizweit eine einzige EM-Technik und eine (dreisprachige) Überwachungszentrale eingerichtet werden soll. Beide sollen öffentlich beschafft werden. Im 2015 wird entschieden, dass die EM-Server der definitiven nationalen Lösung im Kanton Jura beherbergt und von diesem betrieben werden.