Aktivitäten

Weg in Blumenfeld

Thema 2020 - Neue Wege. Foto: SKJV

Bildung

Aus- und Weiterbildung trotz Covid

Das Jahr 2020 stand im Zeichen von Covid19. Ein Virus, welches nicht nur den ganzen Kursbetrieb auf den Kopf stellte, jedoch gleichzeitig zu einer radikalen Veränderung führte. Im Frühling des vergan­ge­nen Jahres wurde auch das SKJV von der neuen Realität überholt. Das öffentliche Leben wurde auf­grund des zunehmenden Infektionsrisikos grösstenteils lahmgelegt. Auch die unterschiedliche Aus- und Weiterbildungsmassnahmen im Präsenzunterricht mussten unterbrochen werden. Die unter­schiedlichen Abteilungen suchten nach digitalen Alternativen, um das geplante Angebot einiger­massen aufrecht zu erhalten.

Insgesamt gelang es den Bildungsbereichen mit grossem Effort, die wichtigsten Bildungsgefässe wei­terhin zur Verfügung zu stellen. Dabei fand ein grosser Kompetenzzuwachs für die Planung von online Lernangeboten statt. Das online Lernen war für Kursleitende und Teilnehmende während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 eine neue Herausforderung. Die erworbenen Kompetenzen waren im Herbst, während der zweiten Welle sehr wertvoll.

Inzwischen hat sich für die SKJV Mitarbeitenden, wie auch die Teilnehmenden gezeigt, dass online-Lernen nicht nur eine Bürde sein muss, sondern durchaus auch Chancen für die Bildung beinhaltet.
Das SKJV entwickelt sich in Richtung des sogenannten NewLearnings. Das bedeutet, für die Zukunft die Bildungslandschaft mit neuen Formaten und Gefässen zu gestalten.

Grundausbildung

Kurs Ausbildung

Mitte Juli 2020 haben 155 Teilnehmende (93 deutsch-, 59 französisch- und 3 italienischsprachige) des Jahrgangs 2018–2020 ihre 15-wöchige Ausbildung abgeschlossen und die Bestätigung Abschluss der Grundausbildung erhalten – eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur eidgenössischen Berufsprüfung.

Im Spätsommer 2020 begannen 95 Teilnehmende aus der Deutschschweiz und 67 aus der lateinischen Schweiz die Grundausbildung 2020-2022 am SKJV. Aufgeteilt in neun Klassen besuchen sie in Freiburg die Ausbildung, die sie auf die eidgenössische Berufsprüfung «Fachfrau für Justizvollzug / Fachmann für Justizvollzug» 2022 vorbereitet.

Parallel dazu setzten die 164 Teilnehmenden des Jahrgangs 2019–2021 ihr zweites Ausbildungsjahr fort.

Gute Ergebnisse trotz Coronakrise

Gute Ergebnisse bezüglich der Grundausbildung wurden trotz der aussergewöhnlichen Lage im Zusammenhang mit der Coronakrise erzielt. Die Teilnehmenden der drei Ausbildungsjahrgänge mussten sich mit nachgeholten Unterrichtseinheiten, Distanzunterricht und Arbeiten, die sie alleine durchzuführen hatten, arrangieren. Dies erforderte einen erhöhten Bedarf an Unterstützung von der Abteilung Grundausbildung.

Um den Teilnehmenden eine qualitativ hochstehende Vorbereitung für die eidgenössische Berufsprüfung zu gewährleisten, wurden verschiedene didaktische Instrumente (Quizz-App, Videobeiträge, Übersichtstabellen usw.) eingeführt, um der speziellen Situation gerecht zu werden. Auch in «normalen» Zeiten werden wir weiterhin auf diese Instrumente zurückgreifen können, was einen echten Mehrwert bedeutet.

Parallel dazu hat sich die Abteilung Grundausbildung auch auf die Strategie 2021–2024 
sowie auf ihre eigenen Ziele, die insbesondere mit der Evaluation der ersten Berufsprüfung zusammenhängen, konzentriert.

Führungsausbildung

Anfang 2020 erfolgte die Einführung in die Intervision. In kleinen Gruppen profitierten die Teilnehmenden während des ganzen Jahres von der kollegialen Beratung, die auch online durchgeführt wurde. 

Zwischen März und Mai musste das vorgesehene Programm Covid-bedingt angepasst werden und Teilnehmende und Kursleitende sich zum ersten Mal im virtuellen Raum treffen. Inhaltlich wurde zusätzlich das Thema » «Covid im Justizvollzug» aufgegriffen und die entsprechende Krisenbewältigung im Rahmen des Kompetenznachweises reflektiert.

Erfreulicherweise konnten die praxisorientierten Blöcke des Moduls Sicherheit danach noch nachgeholt werden, was den Teilnehmenden einen interessanten Einblick in die JVA Pöschwies bzw. in «Les Etablissements de la Plaine de l’Orbe» ermöglichte. 

Kurz vor Jahresende konnten beide Lehrgänge fristgerecht - online - abgeschlossen werden. Am letzten Tag reflektierten die Teilnehmenden im Beisein der drei Konkordatssekretäre ihre persönliche Entwicklung und den Einfluss der Ausbildung auf ihre Führungstätigkeit. Besonders erfreulich zu hören war, durch welche konkreten Massnahmen und Projekte auch ihre Vollzugseinrichtung von der Ausbildung profitieren konnte.


Die Kursleitenden trafen sich am 23. September 2020 an einer Tagung, um ihren Einsatz im revidierten Lehrgang gemeinsam auszuwerten und sich auf die neuen Klassen vorzubereiten.

Film zur Führungsausbildung 2019-2020

Geschäftsstelle Prüfungswesen

Mitarbeiterin an Pult

Die Gremien der Trägerschaft epjv haben sich im Rahmen einer digitalen Delegiertenversammlung, einer Präsenzsitzung der Qualitätssicherungskommission, drei digitaler Vorstandssitzungen und drei hybrider Sitzungen der Prüfungskommission getroffen. In den Sitzungen standen die Berufsprüfung und die höhere Fachprüfung nach revidierten Prüfungsordnungen im Zentrum.

Als Grundlagendokument für die Prüfungsexpertinnen und -experten der Berufsprüfung und der höheren Fachprüfung wurde ein rund 50-seitiges Handbuch erstellt.

Die Kandidatinnen und Kandidaten der Berufsprüfung und der höheren Fachprüfung haben eine Nullserie der Prüfung erhalten. Die Nullserie dient den Kandidatinnen und Kandidaten, um eine klarere Vorstellung der konkreten Prüfung zu erhalten und als Unterstützung für ihre finale Prüfungsvorbereitung. 

Für die schriftlichen Prüfungsteile der Berufsprüfung wurden Praxisfälle aus dem Berufsumfeld und eine geleitete Fallarbeit anhand der zentralen Prozesse und Aufgaben mit einer Gruppe von Fachpersonen aus dem Justizvollzug erarbeitet.

Im Gefängnis Martigny sind mit deutschsprachigen, frankophonen und italophonen Laiendarstellern Videosequenzen für den mündlich/praktischen Prüfungsteil der Berufsprüfung entstanden. Zudem wurden für diesen Prüfungsteil die Szenarien für die Handlungssimulationen und Rollenspiele inkl. aller Beurteilungskriterien entwickelt.

Für die Kandidatinnen und Kandidaten der höheren Fachprüfung nach revidierter Prüfungsordnung sind die geleitete Fallarbeit und die Fallstudien vorbereitet worden.

Letztlich wurden auch die Prüfungsunterlagen der Berufsprüfungskandidierenden nach alter Prüfungsordnung erstellt. 

Drei zweisprachigen Präsenzschulungen für 52 neu rekrutierte Berufsprüfungsexpertinnen und -experten und die Prüfungskommissionsmitglieder sind in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten des Eid-genössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB) realisiert worden.

Die Berufsprüfungssession nach revidierter Prüfungsordnung mit 154 Kandidierenden, 51 Prüfungsexpertinnen und -experten und sechs Laiendarstellerinnen und -darstellern fand im September statt. Direkt im Anschluss wurde die Berufsprüfungssession nach alter Prüfungsordnung (Wiederholungsprüfung) mit 20 Kandidierenden und 10 Prüfungsexpertinnen und -experten durchgeführt. Insgesamt konnten den erfolgreichen Berufsprüfungsabsolventinnen und -absolventen 149 eidg. Fachausweise ausgehändigt werden.

Bildung im Strafvollzug BiSt

BiSt-Anstalten

Im Berichtsjahr wurde Bildung im Strafvollzug in 36 Anstalten angeboten; davon befinden sich 13 in der Romandie und 23 in der Deutschschweiz. Ende Jahr standen 818 Bildungsplätze zur Verfügung.

Im Frühjahr wurde die Justizvollzugsanstalt Sennhof geschlossen und somit gibt es die Lerngruppe dort nicht mehr. Ebenfalls eingestellt wurde im Oktober der BiSt-Unterricht im Untersuchungsgefängnis am Flughafen Zürich.

Im Januar führte das Kantonalgefängnis Frauenfeld BiSt mit zwei Lerngruppen ein. 

Nach der Fertigstellung der neuen Justizvollzugsanstalt Cazis Tignez Ende 2019 konnte ab März 2020 die erste Lerngruppe eröffnet werden. Im Verlaufe des Frühlings kamen vier weitere Lerngruppen hinzu. 

Das «Rehabilitationszentrum Lutzenberg» (AR), mit welchem die Fachstelle seit 2015 eine Zusammenarbeitsvereinbarung hat, führte wiederum eine Lerngruppe nach BiSt-Konzept.

Lehrpersonen

51 Lehrpersonen unterrichteten 2020 für BiSt. Das Total der Stellenprozente stieg bis Ende Jahr auf 3040%, die Bandbreite der Pensen reichte von 20% bis 100%. Einzelne Lehrpersonen unterrichteten in zwei Anstalten. Lehrpersonen mit kleinen Pensen standen bei längeren Abwesenheiten ihren Kolle­ginnen und Kollegen (beispielsweise bei Krankheiten) für Stellvertretungen zur Verfügung.

Austausch- und Weiterbildungstage

Für den Erfahrungsaustausch, das Qualitätsmanagement und die Weiterbildung waren fünf obligatorische Austauschtage geplant. Aufgrund der Covid-19-Lage konnten nur im Januar, September und Dezember vier obligatorische Austauschtage stattfinden, davon einer virtuell. Zwei fakultative Weiterbildungstage konnten im Mai und Oktober 2020 nach Sprachregion getrennt organisiert werden, davon einer virtuell. 

An den Austauschtagen wurden folgende Themen behandelt:

  • Mit dem SKJV in die Zukunft
  • Kollegiale Beratung
  • Zukünftige Weiterbildungsthemen
  • Lehrplan BiSt: Kompetenznachweise / Berufsbildung / Digitalisierung
  • Evaluation in der Ausbildung BiSt: Austauschlabor
  • Das Ermittlungsinterview: Welche Tools sind zu verwenden?
  • Mathematik kooperativ spielen, üben und begreifen 
  • Interne Schulung Office 365

Generelle Angaben zu den BiSt-Bildungsteilnehmenden

  • Total erhobene Bildungsteilnehmende: 1789
  • Geschlecht: 1634 Männer (=91.3%) und 155 Frauen (=8.7%)
  • Alter:  Durchschnittsalter = 36.1 Jahre (Median = 34 Jahre), tiefstes Alter = 16 Jahre, höchstes Alter = 84 Jahre.
  • Haftregime: Vorzeitiger Vollzug = 24.8%, Normalvollzug = 59.6%, Massnahmen/ Verwahrung = 10.3%, Untersuchungshaft = 2.9%, andere bzw. keine Angaben = 2.5%. 
  • Nationalität: total 105 Nationalitäten (inkl. CH), Anteil ausländische Gefangene = 76.5%.
  • BiSt-Bildungsdauer in Monaten: Durchschnitt = 11.3 Monate (Median = 4.0 Monate), Maximum = 48 Monate, Minimum = 1-3 Wochen.

Förderung für Projekte und Fachaustausch

Das SKJV unterstützt mit zwei Förderinstrumenten den Fachaustausch sowie die Entwicklung inno­vati­ver Projekte. Jährlich stehen je CHF 40'000 zur Verfügung. Ein Projekt oder ein Fachaustausch, welche vom SKJV genehmigt werden, erhalten eine oder höchstens zwei Tranchen von je CHF 8'000 pro Jahr. Gesuche zur Unterstützung können jeweils bis am 31. März oder 30. September eingereicht werden.

Plenum von Personen mit Frontmann

Folgende Projekte wurden im Jahr 2020 unterstützt:

  • Patientenfluss-Simulation im klinischen Massnahmenvollzug. Psychiatrische Dienste Aargau, Klinik für Forensische Psychiatrie;
  • Erarbeitung des Auditkonzeptes Qualitätsstandards für private Vollzugseinrichtungen für erwachsene Menschen. IGAplus – Interessengemeinschaft Aussenorientierter Vollzug;
  • Kinderbuch «Tim und das Geheimnis der blauen Pfote». Verein Perspektive – Angehörige und Justizvollzug;
  • Kurzpublikation der Dissertation «Leben in der Verwahrung». Universität Bern;
  • Erprobung der schweizerischen Adaption des MQPL+ in der JVA Hindelbank. Universität Bern.

Bewilligte Gesuche Fachaustausch 2020:

  • Échange entre spécialistes : Les défis de l'expulsion des détenus étrangers. Centre de psychiatrie forensique du Réseau fribourgeois de santé mental;
  • Jahrestagung der Konferenz der Schweizerischen Gefängnisärzte und des Forums der Gesundheits-dienste. Konferenz Schweizerischer Gefängnisärzte.

Werkstattgespräch Forschung

Am 24. Juni 2020 fand das «Werkstattgespräch Forschung» statt, ein Austausch zwischen Forscherinnen und Forschern, die kontinuierlich Justizvollzugsforschung betreiben. Ein Austausch, welcher das SKJV einmal im Jahr organisiert. Ziel des Werkstattgesprächs: Information über abgeschlossene und laufende Forschungsprojekte zu Justizvollzugsfragen und Vernetzung zwischen dem SKJV und Hochschulvertretern. 

Insgesamt 10 Forschende reisten im Juni nach Fribourg, um sich mit Mitarbeitenden des SKJV über ihre Projekte auszutauschen. Regula Fierzwengert war auch anwesend. Die Mitarbeiterin des Fachbereichs Straf- und Massnahmenvollzug des Bundesamtes für Justiz stellte das wichtige Förderinstrument der Modellversuche vor. 
 

Forschungsteam am Tisch in Kreis

Als Gastgeberin hiess Laura von Mandach, Leiterin Fachwissen und Analyse im SKJV, alle Anwesenden willkommen und betonte die Bedeutung von aktueller Forschung für das SKJV, insbesondere für die Entwicklung von Empfehlungen und Standards. Sie führte durch den Tag. Die Forschenden präsentierten ihre aktuellen Vorhaben. Nach den Präsentationen folgten Fragen und angeregte Diskussionen. Die Teilnehmenden bedankten sich beim SKJV über die Möglichkeit dieses wertvollen Austausches.

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