Psychisch Kranke

Die psychische Gesundheit der Personen in Haft ist besonderen Belastungen ausgesetzt, wobei Erkrankungen womöglich erst ab dem Zeitpunkt der Inhaftierung in Erscheinung treten. Depressionen, Wahnvorstellungen oder suizidales Verhalten treten bei inhaftierten Personen häufiger auf als im Rest der Bevölkerung. Das Strafvollzugspersonal bringt zudem oft nicht die nötigen fachlichen Voraussetzungen mit, um psychisch kranke Inhaftierte professionell zu betreuen. Ausserdem reagieren Mitgefangene nicht selten mit Unverständnis.

Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln)

Im Rahmen des Massnahmenvollzugs werden Personen, bei denen die Straftat im Zusammenhang mit einer psychischen Störung steht, in forensisch-psychiatrische Einrichtungen eingewiesen, die über eine angemessene Ausstattung (siehe Regel 5 Ziffer 2 der Nelson Mandela Rules, Art. 59 Abs. 2 StGB) und über qualifiziertes Personal verfügen. Die Zahl der Personen, die zu einer stationären Therapie verurteilt wurden, übersteigt jedoch zurzeit die Kapazität an geeigneten Behandlungs- und Betreuungsplätzen.

«Unter Fachleuten ist unbestritten, dass eine Person, die im Zustand der erheblichen psychischen Störung eine Straftat begeht, aus dem Strafvollzug ausgegliedert und bis zur Verhandlung in ein geeignetes psychiatrisches Setting überführt werden sollte. Wenn im Verlauf des Verfahrens eine Massnahme angeordnet wird, schliesst sich diese idealerweise nahtlos an die initiale Behandlung an. Verlegungen ins Regionalgefängnis aufgrund langer Verfahrensdauern oder Wartezeiten auf einen Platz in einer geeigneten forensischen Klinik sollten vermieden werden.» Dorothee Klecha et al., Die Problematik der psychisch Kranken im Justizvollzug. In: Verletzlichkeit und Risiko im Justizvollzug, Stämpfli Verlag, 2015, S. 120.

Die Trennung von vulnerablen psychisch Kranken von den übrigen inhaftierten Personen ist unter dem Gesichtspunkt gesetzlicher Vorgaben (Selbst-und Fremdgefährdung) und unter dem Aspekt der adäquaten Betreuung und Therapie notwendig.

Stationäre Massnahmen können beim Ausbleiben eines Therapieerfolgs verlängert werden, so dass der Zeitpunkt des Austritts aus der Vollzugsanstalt nicht von vorneherein feststeht. Dies kann von Betroffenen als Belastung empfunden werden. In solchen und vergleichbaren Situationen sind inhaftierte Personen mit einer psychischen Erkrankung durch die von der Krankheit beeinflusste Selbst- und Fremdwahrnehmung häufig nicht in der Lage, ihre Rechte geltend zu machen.

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