Übersicht Soft Law im Justizvollzug

Soft Law sind anerkannte nationale und internationale Regelungen, welche von unterschiedlicher rechtlicher und politischer Bedeutung, aber an sich nicht verbindlich sind. Obschon Soft Law einen normativen Charakter aufweisen, gehen demokratisch legitimierte Gesetze den Soft Law vor. Soft Law dienen den Gerichten und den rechtsanwendenden Behörden als Entscheidungs- und Auslegungshilfen. Damit bilden sie eine Grundlage und eine Hilfestellung für Entscheidungsträgerinnen und -träger in der Praxis bei der Anwendung und Konkretisierung des verbindlichen Rechts. Soft Law gibt es in vielen vollzugsrelevanten Themengebieten und oftmals fehlt der Überblick. Hier finden Sie aufgegliedert nach Themen eine Auswahl an nationalen und internationalen Regelungen der Soft Law.

Bedeutung von Soft Law im Justizvollzug

Im schweizerischen Straf- und Massnahmenvollzug gibt es eine Vielfalt an Regelungen. Dazu zählen einerseits die massgebenden Bestimmungen im Strafgesetzbuch und kantonale Strafvollzugsgesetze und -verordnungen. Diese Regelungen werden Hard Law genannt. Andererseits gibt es nicht verbindliche, jedoch anerkannte nationale und internationale Regelungen von staatlichen oder privaten Organisationen, welche als Soft Law bezeichnet werden. Bei breiter Anerkennung, beispielsweise durch den Europarat oder die UN-Generalversammlung, können die Regelungen durchaus rechtliche Wirkung entfalten. So stützen sich die Gerichte etwa bei der Präzisierung der für die Haftbedingungen relevanten Grund- und Menschenrechte auf diese Quellen. 

Soft Law unterstützen die Entscheidungsträgerinnen und -träger der kantonalen Behörden, im geschlossenen und offenen Vollzug oder im ambulanten Bereich, in der Aus- und Weiterbildung sowie der Wissenschaft in verschiedenen Themenbereichen (z.B. Gefängnisverwaltung, Personalmanagement, Behandlung der inhaftierten Personen, Sicherheit, Wiedereingliederung und Bewährungshilfe). 

Europäische Strafvollzugsgrundsätze und Nelson Mandela Rules

Die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze sowie die Nelson Mandela Rules sind im Bereich des Justizvollzugs wichtige Soft Law.

Europäische Strafvollzugsgrundsätze
Die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze beinhalten wesentliche Normen und Prinzipen, welche die Gefängnisverwaltung, das Personalmanagement und die Behandlung von inhaftierten Personen betreffen.

Nelson Mandela Rules
Die Vereinten Nationen haben Mindestgrundsätze für die Behandlung von Personen im Freiheitsentzug festgelegt. Die Mindestgrundsätze sollen eine sichere und humane Inhaftierung gewährleisten.

Soft Law zu einzelnen Themenbereichen

Die nachfolgenden Quellenangaben beinhalten neben nationalen auch relevante Soft Law der UNO sowie des Europarats. 

Sicherheit und Schutz

Sicherheit ist im Straf- und Massnahmenvollzug jederzeit zu gewähren. Technische und administrative Vorkehrungen sowie die Kooperation zwischen den Institutionen des Straf- und Massnahmenvollzuges und der Behörden leisten einen grossen Beitrag an die Sicherheit. Nebstdem sollen strategische und betriebliche Rahmenbedingungen der Beziehung zwischen Justizvollzugspersonal und inhaftierten Personen und somit auch der dynamischen Sicherheit dienen.

Europarat

UNO

Nationale Empfehlungen

 

Frauen

Der Straf- und Massnahmenvollzug ist vorwiegend auf die männliche Bevölkerung ausgerichtet. Indessen unterscheiden sich die Bedürfnisse der Frauen in verschiedenen Situationen von jenen der Männer. So zum Beispiel in der Pflege von Familienkontakten oder in der Gesundheitsversorgung. Obschon überwiegend Männer inhaftiert sind, muss die Organisation des Straf- und Massnahmenvollzugs den Anliegen und Bedürfnissen der Frauen gerecht werden.

Europarat

UNO

Elternschaft

Inhaftierte Personen lassen ihre Familie, ihre Angehörigen und ihre Kinder in Freiheit zurück. Die Inhaftierung und die damit verbundene Abwesenheit einer Bezugsperson kann insbesondere für Kinder eine grosse Belastung darstellen.

Europarat

Gesundheit

Eingewiesene Personen haben Anrecht auf denselben Zugang zur medizinischen Grundversorgung wie die übrige Bevölkerung. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben die Institutionen des Straf- und Massnahmenvollzuges eine funktionierende Gesundheitsversorgung in präventiver, diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Hinsicht sicherzustellen, die sich an einheitlichen Qualitätsstandards orientiert.


Europarat

UNO

Nationale Empfehlungen

 

Disclaimer

Die Übersicht Soft Law orientiert sich an wichtigen und praxisrelevanten Themenschwerpunkten und benennt relevante Quellen für den Schweizerischen Justizvollzug. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Stand November 2022.