Wie reagiert der Justizvollzug auf COVID-19?

National
Was macht der Schweizer Justizvollzug?
Einschränkungen bezüglich Corona-Virus machen keinen Halt vor den Gefängnismauern. Die Gefängnisse und die entsprechenden kantonalen Ämter haben bereits Massnahmen ergriffen und passen diese stets den neuen Umständen an. Einschränkungen sind nötig, um die Inhaftierten sowie die Mitarbeitenden in Justizvollzugsanstalten bestmöglich zu schützen.
Die Situation in einem Gefängnis kann verglichen werden mit den Umständen, die auf einem Schiff oder in einem geschlossenen Heim herrschen. Das Ausweichen ist schwierig, die Ansteckungsgefahr hoch und ein Ausbruch in einem Gefängnis hätte drastische Folgen. Die kantonalen Ämter und Justizvollzugsanstalten sind wachsam gegenüber den Entwicklungen des Corona-Virus und treffen besondere Vorsichtsmassnahmen.
Gewisse Kantone haben Hafturlaube und Besuche gestrichen. Andere Kantone lassen Besuche von Angehörigen noch zu, aber in beschränkter Weise. Die Justizvollzugsanstalten kontrollieren zudem neu eintretende Inhaftierte auf eventuelle Symptome. Bei Vorliegen auch nur eines geringsten Verdachts wird die Person vorsichtshalber isoliert. Einzelne Anstalten sind zudem daran, die Belegung zu limitieren, um eine Eintritts- und Quarantäneabteilung zu ermöglichen. Weitere Massnahmen sind die Reduktion von Mehrfachbelegungen in Zellen, das Tragen von Schutzmasken, Schutzbrillen und Handschuhe durch Betreuungspersonen, die intensive Reinigung von Zellen bei einem Austritt und vor einem Neueintritt und das Wahren eines genügenden Abstands.
Die Massnahmen zur Verminderung des Übertragungsrisikos und zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) in Institutionen des Freiheitsentzugs (Gefängnisse, Justizvollzugsanstalten) sind gemäss den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Europarates ausgestaltet. (Art. 6 Abs. 4 der Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19))
Die Koordinationskonferenz Justizvollzug (KoKJ) hat die wichtigsten Themen im Umgang mit dem Coronavirus in den Anstalten des Justizvollzugs zusammengefasst.
Koordination in der Schweiz
Das SKJV tauscht sich zur epidemiologischen Lage mit der KKJPD, den Strafvollzugskonkordaten, der KKLJV und dem Bundesamt für Justiz regelmässig aus, um die aktuellen Entwicklungen koordinieren zu können.
Bundesamt für Gesundheit
Ansprechperson SKJV
Peter Menzi leitet den Leistungsbereich Gesundheit des SKJV und ist Ansprechperson für COVID-19-Fragen.
Peter.Menzi@skjv.ch
Peter Menzi steht im engen Austausch mit der Konferenz Schweizerischer Gefängnisärzte und dem Forum der Gesundheitsdienste des schweizerischen Justizvollzugs
International
WHO
Die WHO bietet in ihren vorläufigen Empfehlungen vom15. März 2020 Hilfestellungen für Personal, Gesundheitsdienste und Leitende der Institutionen des Freiheitsentzugs. Sowohl Insassen wie das Anstaltspersonal sind gegenüber dem neuen Virus anfälliger als die allgemeine Bevölkerung. Die Ansteckungsgefahr ist in geschlossenen Systemen höher und damit besteht auch das Risiko einer Ausbreitung ausserhalb der Mauern.
Neben der Definition der Fälle, erläutern die Autoren wie das Case Management angepasst werden soll. Wichtige Aspekte der Risikokommunikation, der Ausbildung und das Vorgehen bei Eintritt aber auch bei jedem Gefängnisaustritt, werden neben Handlungsanweisungen für die korrekte Desinfektion und Reinigung der Räume erläutert.
Als Experten und Reviewer wirkten drei in der Schweiz tätigen Personen: Stefan Enggist, Bundesamt für Gesundheit, Hans Wolff und Laurent Getaz, Hôpitaux universitaires de Genève.
UNODC
Das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) publizierte am 31. März 2020 ein Positionspapier zur Bereitschaftsplanung und zur Reaktion der Institutionen des Freiheitsentzugs auf COVID-19.
UNODC: Position Paper COVID-19 preparedness and responses in prisons
Europarat
Kommissarin ruft zu Freilassung von Abschiebehäftlingen während der Covid-19-Krise auf (26. März 2020).
Das Europäische Komitee zur Verhütung der Folter (CPT) hat am 20. März 2020 eine Botschaft mit 10 Grundsätzen erlassen. Diese Grundsätze beschreiben den Umgang mit Menschen im Freiheitsentzug betreffend Coronavirus (COVID-19).
Europris
EuroPris, die europäische Plattform zur Förderung der Justizvollzugspraxis, listet laufend Dokumente auf, welche die Mitgliederländer der Plattform über ihren Umgang mit COVID-19 zur Verfügung stellen. Neben Richtlinien stehen eine Reihe von Informationen zur Verfügung, so zum Beispiel Plakate zur Information spezifischer Zielgruppen.
ICPA
Auch die International Corrections and Prisons Association (ICPA) hat eine Informationssammlung mit Unterlagen einzelner Ländern eingerichtet, welche alle andere Weltregionen abdeckt.
INTERPOL
INTERPOL hat im Lichte von internationalen best practices und Empfehlungen der WHO Richtlinien für die Strafverfolgung erlassen (26. März 2020).
Internationale NGOs
WEPHREN
Das Worldwide Prison Health Research & Engagement Network (WEPHREN) bietet länderspezifische Informationen zu COVID-19 in Gefängnissen an
https://wephren.tghn.org/covid-19-prisons-and-places-detention/
PRI
Penal Reform International (PRI): Coronavirus: Healthcare and human rights of people in prison In einer kurzen Briefing Note publizierte PRI am 16. März 2020 eine hilfreiche Zusammenstellung von Grundsätzen und guter Praxis einzelner Länder.
APT
Association for the Prevention of Torture (APT): COVID-19 in prison. Die APT hat am 12. März 2020 einen Blog zum Thema eingerichtet.
VERA
VERA Institute of Justice: Coronavirus Guidance for the Criminal and Immigration Legal Systems. Am 18. März 2020 publizierte die US-amerikanische NGO Vera eine Orientierungshilfe für Institutionen des Freiheitsentzugs. Aufgelistet werden 3 Präventionsmassnahmen, 8 Massnahmen um die Ansteckungswelle zu minimieren und 4 Massnahmen für den Umgang mit Infizierten.
Beratung international
Erfahrungen anderer Länder
Frankreich: École nationale d'administration pénitentiaire Énap
Covid-19, confinement et prison: regards croisés des enseignants-chercheurs du Cirap sur la crise