Ausländerinnen und Ausländer
Ausländerinnen und Ausländer sind im Freiheitsentzug insofern verletzlich, als dass ihnen oft ein soziales Netz fehlt, auf das sie zurückgreifen könnten. Zudem verfügen meist über unzureichende Kenntnisse der lokalen Sprache. Diese sprachlichen Schwierigkeiten erschweren das Verständnis über die Umstände der eigenen Situation in Haft. Dadurch fehlt Ausländerinnen und Ausländern oft die Kenntnis über die Folgen des Gerichtsurteils sowie der damit verbundenen Rechte, Pflichten und Möglichkeiten.
Gegenwärtig machen ausländische Staatsangehörige den Hauptanteil der inhaftierten Personen in der Schweiz aus. Der Anteil ausländischer Inhaftierten an der Gesamtpopulation ist in vielen Ländern Europas im Steigen begriffen; in der Schweiz bleibt er mit 72% im Jahr 2016 sehr hoch.
Die Gruppe der ausländischen Inhaftierten ist sehr heterogen. Sie umfasst Personen, die zum Zeitpunkt des Delikts über eine Niederlassungsbewilligung verfügten, Personen, die keinerlei Bezug zum Land haben und während eines kurzen Aufenthalts in der Schweiz straffällig wurden, sowie Personen, die sich in der Administrativhaft befinden.
Ausländische Inhaftierte, die zu einer längeren Freiheitsstrafe oder Massnahme verurteilt werden, verlieren in der Regel ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz und werden dadurch von fortschreitenden Vollzugslockerungen (Progressionsvollzug) ausgeschlossen.
«Auch wenn sich gemäss Bundesgericht das Vollzugsziel der Wiedereingliederung nicht auf die Wiedereingliederung ausschliesslich in die schweizerische Gesellschaft beschränkt (BGer 6B_577/2011 vom 21.01.2012 E. 4.2.), beziehen sich die entsprechenden Instrumente und Aktivitäten in der Regel auf eine Resozialisierung in der Schweiz. Besonders die Entlassungsvorbereitungen und die schrittweise Annäherung an das Leben in Freiheit mittels Öffnungen des Vollzugsregimes fehlen häufig bei jenen ausländischen Gefangenen, die nach der Entlassung weggewiesen werden.»
Alberto Achermann, Jörg Künzli, Die ausländerrechtliche Administrativhaft im Licht der internationalen Rechtsvorgaben. In: Verletzlichkeit und Risiko im Justizvollzug, Stämpfli Verlag, 2015, S. 79.
Viele Ausländerinnen und Ausländer werden die Schweiz nach der Verbüssung ihrer Haftstrafe verlassen müssen. Für Ausländerinnen und Ausländer in der Administrativhaft ist der rechtskräftige Wegweisungsentscheid, der sich innerhalb von Tagen, Wochen, aber auch erst innerhalb von Monaten vollziehen kann, oft mit Ängsten verbunden. Diese Situation führt bei den Betroffenen oft zu Frustration, Wut oder Verzweiflung. Die Justizvollzugseinrichtungen wiederum stehen unter Druck, den Ausweisungsentscheid zu unterstützen.
Wie kann die Rückkehr der betroffenen Personen bestmöglich vorbereitet werden? Wie kann man erreichen, dass die im Freiheitsentzug verbrachte Zeit für die Vorbereitung der Wiedereingliederung im Herkunftsland genutzt wird? Um diese Fragen zu beantworten, hat eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Freiburger Netzwerks für psychische Gesundheit (FNPG) verschiedene Schlüsselakteure zusammengebracht, um diese komplexe Betreuungssituation zu verbessern.
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Die ausführlichen Publikationen zum Thema
- Ausländische Strafgefangene: von Verletzlichkeit und Unterschieden, Christin Achermann
- Die ausländerrechtliche Adinistrativhaft im Licht der internationalen Rechtsvorgaben, Alberto Achermann, Jörg Künzli
- Minorités sexuelles en détention: de l'invisibilité à la stimatisation, Jean-Sebatien Blanc
- Verletzlichkeiten im Justizvollzug - Anmerkungen einer Gefängnisärztin, Bidisha Chatterjee
- Pas à nous, mais notre problème? Evolution récente de la détention des étrangers dans les prisons européennes, Natalia Delgrande
- Menschenrechtliche Vorgaben zu psychisch Kranken im Justizvollzug, Anja Eugster
- Alt, krank, eingesperrt, Ueli Graf
- Die Problematik des psychisch Kranken im Justizvollzug, Dorothee Klecha, Sandy Krammer, Volker Dittmann
- Lebensende im Gefängnis: Vorstellungen, Ängste und Hoffnungen von Gefangenen im geschlossenen Vollzug in der Schweiz, Irene Marti
- Risque de mauvais traitement en en raison de situation de vulnérabilité dans l'exécution des sanctions pénales, Nicolas Quélaz
- Vulnérabilité et risques dans un contexte de dépendance institutionelle, Sonja Snacken