Thema Naturerwachen - Hartriegel. Foto: SKJV
Krankenversicherung bei inhaftierten Personen
Die Thematik der fehlenden Krankenversicherung von inhaftierten Personen beschäftigt die Justizvollzugslandschaft der Schweiz seit Jahren. Im Jahr 2017 waren ca. 7000 Personen in Anstalten des Justizvollzugs inhaftiert. Davon waren schätzungsweise mehr als ein Drittel, mehrheitlich ausländische Staatsangehörige, nicht krankenversichert. Fallen bei diesen Personen Gesundheitskosten an, stellen sich verschiedene Fragen. So kann beispielsweise strittig sein, welcher subsidiäre Kostenträger für die Kosten aufkommen muss, wenn die inhaftierte Person diese nicht selbst begleichen kann. Ebenso ist unklar auf welche medizinischen Leistungen die Person Anspruch hat.
Von verschiedenen Seiten wird aktuell die Ausweitung eines Versicherungsobligatoriums auf sämtliche Insassen diskutiert, wobei aber bislang die Kostenfolgen eines solchen Schrittes für die Kantone ungewiss waren. Um diesbezüglich mehr Klarheit zu bekommen, beauftragte die Koordinationskonferenz Justizvollzug (KoKJ) das SKJV im Mai 2019 mit der Erstellung einer Analyse der aktuellen Situation in den Kantonen Bern, Waadt und Zürich. Diese drei Kantone stellen nur einen Teil der Schweiz dar. Für eine Berechnung sind sie aufgrund des Mengengerüstes, der Grösse und den Unterschieden repräsentabel, um Aufschluss über die ungefähren finanziellen Folgen einer Versicherungsausdehnung zu geben. Nebst dem Kostenaspekt werden im Entscheid, den die KKJPD Mitte 2020 zu «Pro / Kontra Obligatoriumsausdehnung» fällen wird, schliesslich auch andere Gesichtspunkte – wie etwa die Auswirkung des Äquivalenzprinzips – zu diskutieren sein, welche das SKJV der KKJPD ebenfalls unterbreiten wird.
Medikation und Eintrittsuntersuchung im Vollzug
Das SKJV arbeitet in enger Kollaboration mit der Praxis an der Erstellung einer Produktepalette rund um das Thema «Medikation im Vollzug». Darin enthalten sind ein Themenpapier, Merkblätter sowie Schulungsunterlagen für den Unterricht vor Ort in den Institutionen. Im Zentrum der Arbeiten steht die Verschreibung, Bereitstellung und Abgabe von Medikamenten an inhaftierte Personen in den Institutionen des Freiheitsentzugs. Nach der Fertigstellung aller Produkte im ersten Halbjahr 2020 ist geplant, in den Institutionen Schulungen zum Thema durchzuführen, damit die Inhalte möglichst praxisnah implementiert werden können.
Prävention von gewalttätigem Extremismus im Justizvollzug
2019 widmete sich das SKJV in seinem bereichsübergreifenden Projekt verschiedenen Themen zur Prävention von gewalttätigem Extremismus im Justizvollzug. Die Basis dafür ist die Umsetzung der Empfehlungen in Anlehnung an das Grundlagenpapier vom 12. April 2018 der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). So soll etwa abgeklärt werden, wie sich potentielle Extremisten im Vollzug erkennen lassen, wie das Prinzip der dynamischen Sicherheit in den Institutionen gefördert werden kann und welche Massnahmen im Bereich des «Disengagement» im Justizvollzug zu empfehlen sind. Zudem hat das SKJV eine Übersicht zu erstellen über die thematische Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für das Vollzugspersonal und die Religionsvertreter. Die Arbeiten des SKJV wurden im Rahmen verschiedener Arbeitsgruppen und Austauschgefässen in enger Kooperation mit den Fachleuten der Praxis vorgenommen und stehen mittlerweile kurz vor dem Abschluss.
Zusätzlich zum beschriebenen Auftrag wurde das SKJV durch die KKJPD aufgefordert in den Kantonen zu evaluieren, inwieweit die an sie gerichteten Empfehlungen umgesetzt wurden. Empfohlen wurden den Kantonen durch die KKJPD unter anderem eine vermehrte Sensibilisierung des Justizvollzugspersonals und der Religionsvertretende sowie eine engere Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Nachrichtendiensten (KND) und dem Kantonalen Bedrohungsmanagement (KBM).
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die an die Kantone gerichteten Empfehlungen bereits mehrheitlich ungesetzt worden sind oder sich in einer Umsetzungsphase befinden.
Um die Ergebnisse der Arbeiten des SKJV vor der Veröffentlichung optimal mit den Verhältnissen in der Praxis abzustimmen, führt das SKJV im Februar 2020 eine Fokustagung mit einem breiten Fachpublikum zum Thema durch.
Der Projektabschluss mit Übergabe der Produkte des SKJV an den Vorstand der KKJPD ist im Sommer 2020 vorgesehen.
Psychiatrische Versorgung im Freiheitsentzug
Die KKJPD hat im Herbst 2016 einen umfassenden Bericht mit Empfehlungen zur psychiatrischen Versorgung von psychisch Kranken im Justizvollzug verabschiedet.
Die darin enthaltenen Empfehlungen wurden den Konkordaten zur Prüfung der Umsetzbarkeit weitergeleitet. Die Auswertung der Vernehmlassungen ergab, dass nach den Angaben der Kantone verschiedene Empfehlungen bereits umgesetzt sind oder deren Umsetzung geplant ist. Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass sich die Qualität der psychiatrischen Versorgung je nach Grösse, Auftrag sowie Infrastruktur und personeller Ausstattung der einzelnen Vollzugseinrichtungen doch massgeblich unterscheidet. Es bleiben namentlich die Fragen, wie psychische Störungen bei inhaftierten Personen in den verschiedenen Einrichtungen des Freiheitsentzugs frühzeitig erkannt werden sowie wie diese Personen trotz ungenügender Kapazitäten in gesicherten forensischen Stationen und trotz Mangel an forensisch ausgebildetem Fachpersonal störungsadäquat platziert und so rasch als möglich fachgerecht behandelt werden können.
Das SKJV entwickelt in Zusammenarbeit mit der Praxis pragmatische Mindeststandards und Empfehlungen zur psychiatrischen Versorgung der Personen im schweizerischen Freiheitsentzug. Diese sollen zu einer gewissen Vereinheitlichung unter den Kantonen führen und umsetz- und finanzierbar sein. Die Verabschiedung ist durch die KKJPD im Herbst 2020 vorgesehen.