Highlights

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Thema Vernetzung – Papier gefalzt 

Forum Justizvollzug 2021

Das vierte Forum Justizvollzug zum Thema Bildung verändert fand am 24. und 25. November 2021 in einem hybriden Format statt: im Kongresszentrum Beaulieu in Lausanne und online. Die Konferenz widmete sich dem Veränderungspotenzial, das die Ausbildung sowohl für das Personal als auch für die inhaftierten Personen darstellt. 

Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis des Justizvollzugs, der Forschung und der Politik präsentierten die Bedeutung von Bildung, deren Stärken und Schwächen sowie neue Konzepte und Herangehensweisen der Bildung im multiprofessionellen und multiinstitutionellen Berufsfeld des Justizvollzugs. 

Insgesamt waren national und international renommierte Referentinnen und Referenten in vier Plenen, der Podiumsdiskussion und den 26 Workshops zugegen. Wir haben uns gefreut, mit dieser Veranstaltung den Wissensaustausch innerhalb des Fachgebiets zu fördern. 

Forum Justizvollzug 2021

Film zur Bildung im Strafvollzug

Ein Film in drei Episoden zeigt aus der Perspektive von drei Lehrpersonen, wie inhaftierte Personen in den Vollzugseinrichtungen unterrichtet werden. Das Filmprojekt wurde von der Kommunikation umgesetzt. Gefilmt wurde im Gefängnis Pfäffikon, Zürich, in der Justizvollzugsanstalt Solothurn und in der Strafanstalt Bellechasse in Fribourg.  

Handbuch Dynamische Sicherheit im Freiheitsentzug

Das SKJV veröffentlichte im Sommer 2021 sein erstes Handbuch in vier Sprachen als E-Book sowie in Print. Dieses befasst sich mit dem Thema der dynamischen Sicherheit im Freiheitsentzug. Das darin beschriebene Arbeitsmodell zielt auf einen risikomindernden und resozialisierenden Umgang mit straffälligen Personen im Alltag der Vollzugsanstalten und der Gefängnisse ab. Es soll dazu beitragen, problematische Verhaltensänderungen rechtzeitig zu erkennen und ihnen zielgerichtet entgegenzuwirken. Durch die weitreichende Konzeption der Beziehungsgestaltung im Freiheitsentzug zwischen dem Betreuungspersonal und den inhaftierten Personen ist das Handbuch für die Radikalisierungsproblematik von zentraler Bedeutung. Dynamische Sicherheit wird jedoch auch darüber hinaus die Weichen für die Früherkennung und Eindämmung diverser sicherheitsrelevanter Phänomene stellen.  Es erläutert das Konzept und vermittelt, wie es in der Praxis umgesetzt werden kann. Das Handbuch wird in der Weiterbildung und Führungsausbildung des SKJV eingesetzt, und bildet die Grundlage für das E-Learning «Dynamische Sicherheit».

Das Handbuch wurde allen Institutionen des Freiheitsentzugs der Schweiz sowie verschiedenen internationalen Akteuren zugestellt. Es wurde in enger Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus Praxis und Forschung erarbeitet. Im Rahmen von Workshops, Fokustagungen und Interviews vor Ort wurden die Erfahrungen und Perspektiven sowie Bedürfnisse des Justizvollzugs eingeholt, um sicherzustellen, dass das Handbuch praxisrelevant ist und einen deutlichen Mehrwert bietet. 

Online-Kurs zur dynamischen Sicherheit

Begleitend zum Handbuch entwickelte das SKJV mit finanzieller Unterstützung des Sicherheitsverbundes Schweiz ein E-Learning Tool. Dieses unterstützt die Vermittlung der Inhalte des Handbuchs ans Justizvollzugspersonal der Schweiz. Die online-Teilnehmenden begleiten virtuell eine Mitarbeiterin, die sich an ihrem ersten Arbeitstag im Gefängnis verschiedene Fragen zur Sicherheit stellt. Sie versetzen sich in die Lage dieser neuen Mitarbeiterin und beantworten ihre Fragen in Form eines Tests. 

E-Learning

Projekt NewLearning für den Justizvollzug

Im Berichtsjahr startete das SKJV das Projekt «NewLearning» für den Justizvollzug 2021-2024. Es hat zum Ziel, das Potential digitaler Lernformen für die Bildung zu evaluieren und zukünftige Leistungen an die Bedürfnisse des Justizvollzugs anzupassen. Dieses Ziel verfolgt das SKJV zusammen mit einer breit zusammengesetzten Begleitgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des Justizvollzugs auf allen Hierarchiestufen und aus allen Sprachregionen. Die Gruppe will Konsequenzen für die Institutionen sowie das Personal erkennen. Sie entwickelt Massnahmen für die Einführung von neuen Lehrmitteln und -methoden sowie für den damit verbundenen Umgang  

Zielbild verabschiedet

Im Rahmen dieses Projekts wurde am 28. August 2021 ein wichtiger Meilenstein erreicht: Der Stiftungsrat des SKJV hat das Zielbild verabschiedet.  Das Zielbild umfasst acht Elemente beziehungsweise beantwortet acht Fragen: Welche Haltung zum Lernen streben wir an? Welche Kompetenzen sind nötig und sollen entwickelt werden? Welche Bildungsleistungen sollen im Justizvollzug angeboten werden (Leistungsportfolio)? Welche Instrumente sind für die Implementierung und welche Lerninfrastruktur für die Umsetzung erforderlich? Das Zielbild beantwortet auch Fragen zur Informatikstruktur sowie zu den erforderlichen Leistungsprozessen und Ressourcen. In der nächsten Projektphase steht die Umsetzungsstrategie an, welche in Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet wird.  

Anlässlich des Forums Justizvollzug 2021 zum Thema «Bildung verändert» konnte das Projekt von den Bildungsbereichen, neben dem Thema Bildung als Führungsaufgabe und Bildung im Strafvollzug, im Plenum vorgestellt werden. Zudem waren die Bildungsbereiche des SKJV mit mehreren Workshops am Forum vertreten. 

Virtual Reality und E-Learning Programme in der Grundausbildung

Das SKJV ergänzt die Grundausbildung laufend durch elektronische Lern-Programme. Die Quiz-App wurde im Rahmen des Projekts «NewLearning» angepasst. Sie kommt in den beiden Lernmodulen «Von der Anhaltung bis zur Entlassung» und «Sicherheit und Prävention» zum Einsatz.  
2021 startete das SKJV die Entwicklung eines Virtual Reality (VR) Programmes zur Zellenkontrolle. Dabei durchsuchen die Auszubildenden eine virtuelle Zelle. Im Austausch mit den Kursleitenden trainieren sie ihre Kompetenzen. Das VR-Programm zur Zellenkontrolle konnte am Forum Justizvollzug 2021 in Lausanne erstmals von interessierten Personen getestet werden und erfreute sich grosser Beliebtheit.

 

Virtual Reality am Forum Justizvollzug

Virtual Reality erleben am Forum Justizvollzug 2021. Foto: SKJV

Des Weiteren haben die Mitarbeitenden der Grundausbildung zwei neue E-Learnings zum Thema Gesundheit lanciert. Eines zum «Schutz vor Infektionskrankheiten» und eines zur «Suizidprävention». Somit stehen nun insgesamt vier E-Learnings kostenlos und für alle frei zugänglich zur Verfügung. Der Zugang erfolgt über die Webseite. 

E-Learnings

Die Weiterentwicklung der Ausbildung durch elektronische Tools ist Bestandteil des Projektes NewLearning im Justizvollzug. 

Grundlagenpapier zur Betreuung von LGBTIQ+ Personen im Freiheitsentzug

Im Juni 2021 wurde das Grundlagenpapier zur Betreuung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, intersexuellen und Queer-Personen (LGBTIQ+) im Freiheitsentzug veröffentlicht. Diese Publikation wurde in enger Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten aus der Praxis des Freiheitsentzugs erarbeitet. Das Grundlagenpapier hat zum Ziel, den Angehörigen der unterschiedlichen Berufssparten im Freiheitsentzug praktische Orientierungshilfen anzubieten.

LGBTIQ+ Personen haben ein erhöhtes Risiko, im Freiheitsentzug aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert zu werden. Diese Diskriminierung erfolgt in der Regel nicht bewusst, gefährdet jedoch die Würde der betroffenen Personen und kann ihre Wiedereingliederung behindern. Auf der Grundlage dieser Feststellung veröffentlicht das SKJV ein Grundlagenpapier zur Betreuung von LGBTIQ+ Personen im Freiheitsentzug. Hier werden die wichtigsten Problemfelder aufgezeigt und es werden Empfehlungen für die zuständigen Behörden sowie die Mitarbeitenden der Haftanstalten formuliert. Zu den behandelten Themen gehören unter anderem die Einweisung von Transgender-Menschen, Massnahmen zur Bekämpfung von Homo- und Transphobie, Leibesvisitationen bei transgender und intersexuellen Menschen sowie deren Zugang zu Massnahmen der Gesundheitsfürsorge.

Das Grundlagenpapier wurde von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitet, die zahlreiche Gespräche mit Expertinnen und Experten aus der Praxis führte. Der endgültige Text wurde allen 26 Kantonen zur Vernehmlassung unterbreitet, um sicherzustellen, dass die darin formulierten Empfehlungen für die Praxis relevant und umsetzbar sind. Mit diesem Dokument sollen den Fachpersonen praktische Handlungsempfehlungen an die Hand gegeben und sichergestellt werden, dass der Freiheitsentzug den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung trägt. Das Grundlagenpapier greift die auf politischer Ebene bestehenden Belange auf. 

Das Grundlagenpapier ist Teil eines übergeordneten Vorhabens zur Erarbeitung eines Katalogs von bewährten Praktiken bei der Betreuung vulnerabler Personen im Freiheitsentzug. Die aus dem Grundlagenpapier resultierenden Erkenntnisse werden in den verschiedenen vom SKJV angebotenen Ausbildungskursen unterstützend eingesetzt

Erste Durchführung der höheren Fachprüfung nach neuem System

Die höhere Fachprüfung fand 2021 erstmals nach neuer Prüfungsordnung und unter dem Dach der Trägerschaft epjv statt. 33 Kandidatinnen und Kandidaten nahmen an den Prüfungen teil. 10 Prüfungsexpertinnen und -experten standen im Auftrag der Qualitätssicherungskommission im Einsatz. Sie beurteilten eine geleitete, schriftliche Fallarbeit zu einer Problemstellung mit Bezug zu Führungsfragen aus einer Einrichtung des Freiheitsentzuges sowie eine Fallstudie mit einem komplexen Praxisfall aus dem Freiheitsentzug. Die Analyse der Fallstudie wurde mündlich präsentiert und in einem Fachgespräch diskutiert. 25 Kandidatinnen und Kandidaten durften sich Ende September über den Prüfungserfolg und das eidgenössische Diplom als Führungsexpertin/Führungsexperte Justizvollzug freuen. Sie haben bewiesen, dass sie vernetzt denken und wirksam führen können. 

10 Jahre Führungsausbildung – Ehemaligentreffen 2021

Zum 10-jährigen Jubiläum der Führungsausbildung lud das SKJV alle bisherigen Absolventinnen und Absolventen ins Kongresszentrum Kreuz in Bern ein. Dabei standen die Vernetzung und persönlichen Gespräche der Kaderleute im Zentrum. In Workshops tauschten sie sich über die aktuellen Entwicklungen im Justizvollzug und neuen Tendenzen in der Führungsarbeit aus. Das SKJV evaluierte mit den Teilnehmenden den langfristigen Nutzen der Führungsausbildung und deren weitere Bildungsbedürfnisse.

Integration und Digitalisierung bei der Bildung im Strafvollzug BiSt

Am 28. und 29. Oktober 2021 fand in Murten die Retraite der Bildungsverantwortlichen BiSt aus allen Justizvollzugseinrichtungen der Schweiz statt. 

Am ersten Halbtag stellte Guido Sturny, Direktor der Anstalten von Bellechasse, seine Einrichtung und die dafür geplanten Ausbauprojekte vor. Es folgte eine Gruppendiskussion über die Chancen einer verbesserten Integration der BiSt-Lehrkräfte in die Teams der Justizvollzugseinrichtungen. Der zweite Tag war dem Thema Digitalisierung gewidmet. Die BiSt-Bildungsverantwortlichen überlegten sich Möglichkeiten, wie inhaftierte Personen mithilfe digitaler Hilfsmittel geschult werden können. Dank dieser Überlegungen konnten die Arbeitsgrundlagen des Projekts New Learning BiSt definiert werden, das insbesondere zum Ziel hat, das BiSt-Bildungsangebot und den Leistungskatalog weiterzuentwickeln.

Lehrpersonen im Austausch mit Spanien – Bildung im Strafvollzug BiSt

Im zweiten Halbjahr 2021 konnte mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus Andalusien ein sogenanntes «Jobshadowing» in Kooperation mit Movetia durchgeführt werden. Beim Jobshadowing begleitet eine Person Mitarbeitende eines Gefängnisses wie ein «Schatten» auf der Arbeit. Durch das Beobachten der Tätigkeiten auf Schritt und Tritt werden wertvolle Eindrücke gesammelt und man lernt von der Arbeitsweise. 

In den spanischen Gefängnissen profitierten Lehrpersonen des SKJV vom interessanten und inspirierenden Besuch. Die grossen, hellen Unterrichtsräume in den spanischen Gefängnissen und das fruchtbare Miteinander von Lehrpersonen und Gefängnispersonal fielen auf. In den dortigen Gefängnissen mit mindestens 800 Insassen sind die internen Schulen zudem Teil des öffentlichen Bildungssystems. 

Beim Gegenbesuch in der Schweiz öffneten die Justizvollzugsanstalten Realta, Pöschwies, Solothurn und Hindelbank ihre Tore für die spanische Delegation. Positiv vermerkten die Gäste den permanenten Austausch unter den BiSt-Lehrpersonen mittels gegenseitiger Hospitationen oder Austauschtagen, andererseits aber auch die Vernetzung der Bildung mit den Arbeitsbetrieben in den Gefängnissen. Die Delegation bemerkte insbesondere, dass sich die inhaftierten Personen in der Schweiz selbständiger bewegen dürfen als in den spanischen Einrichtungen. 

Jobshadowing ist für die Lehrpersonen des SKJV ein wertvoller Erfahrungsaustausch, der dazu beiträgt, ein Netzwerk mit Kolleginnen und Kollegen aufzubauen. 

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BiSt-Lehrpersonen zu Besuch im Gefängnis Granada, Spanien. Foto: SKJV