Grundlagen der Bewährungshilfe

Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Das SKJV trägt zur Qualität des professionellen Handelns der Bewährungshilfe und deren harmonischen Umsetzung in den Kantonen bei. In engem Austausch mit der Praxis vermittelt es dazu anwendungsorientiertes Wissen und realisiert Projekte. Aktuell hat das SKJV eine Bestandesaufnahme der fachlichen Standards in der Bewährungshilfe durchgeführt, welche als Grundlage dienen soll für eine schweizweite Verständigung auf Qualitätskriterien in diesem strafrechtlichen Handlungsfeld.

Begriff und Aufgaben der Bewährungshilfe

Mit Bewährungshilfe wird sowohl die Betreuung von verurteilten Personen als auch die Institution, welche diese Tätigkeit ausübt, bezeichnet. In den meisten Kantonen wird Bewährungshilfe als kantonale Einrichtung betrieben. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Aufgaben der Bewährungshilfe an private Organisationen zu übertragen. 

Bewährungshilfe hilft straffällig gewordenen Personen, den Schwierigkeiten, für die eine Straftat oft Symptom sind oder die infolge einer Freiheitsentziehung entstehen, zu begegnen. Damit leistet sie einen Beitrag zur Rückfallverhütung und sozialen Integration.

Zur Erfüllung dieser Aufgabe hilft sie Personen bei der Bewältigung ihrer persönlichen, psychischen, materiellen oder beruflichen Probleme. An erster Stelle steht die persönliche Beratung der betreuten Person. Daneben bietet die Bewährungshilfe Unterstützung bei:

  • Suche nach Unterkunft und Arbeit;
  • Sucht- und Gesundheitsfragen;
  • Budgetfragen und Schuldensanierung;
  • persönlichen und zwischenmenschlichen Schwierigkeiten;
  • Vermittlung von medizinischer oder psychologischer Fachbetreuung.

Gesetzliche Kernleistungen der Bewährungshilfe

Bewährungshilfe kann angeordnet werden bei einer bedingten Entlassung aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug, ferner bei bedingten oder teilbedingten Verurteilungen, bei ambulanten Massnahmen sowie im Rahmen einer freiwilligen Sozialbetreuung. 

Überdies kontrolliert die Bewährungshilfe Personen, die mit einem Kontakt-, Rayon- oder Tätigkeitsverbot (Art. 67 ff. StGB) belegt wurden sowie im Rahmen von Art. 96 StGB Personen, die sich im Strafverfahren oder im Strafvollzug (Art. 77a Abs. 2 StGB) befinden. In Frage kommen auch Personen, die eine gemeinnützige Arbeit (Art. 79a StGB) leisten oder bei denen eine elektronische Überwachung (Art. 79b StGB) angeordnet wurde. Schliesslich kann es sich bei der betreuten Person auch um jemanden handeln, der von einer Ersatzmassnahmen anstelle von Untersuchungshaft profitiert (Art. 237 StPO). 

Unsere Arbeiten

Das SKJV trägt im Rahmen seiner Tätigkeit zu einer effizienten Organisation und Umsetzung der Bewährungshilfe bei. Im Mittelpunkt stehen dabei die Qualität der Strukturen, die Qualität des professionellen Handelns der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer und die Qualität der Ergebnisse. 

Aktuell hat das SKJV zum Thema Bewährungshilfe folgende Arbeiten publiziert:

Fachliche Standards der Bewährungshilfe: eine Bestandesaufnahme

In engem Austausch mit der Schweizerischen Konferenz der Leitenden Bewährungshilfe SKLB wurde eine gesamtschweizerische Bestandesaufnahme der fachlichen Grundlagen durchgeführt, die für die Organisation und Praxis der Bewährungshilfe relevant sind.

Fachliche Standards der Bewährungshilfe - Eine Bestandesaufnahme

Ergebnisse der Bestandesaufnahme  

Die Auswertungen haben ergeben, dass auf föderaler Ebene zwar Grundlagen existieren, die für die Bewährungshilfe relevant sind. Darunter die von der KKJPD verabschiedeten Grundlagen für den strafrechtlichen Sanktionenvollzug und die von der SKLB konzipierten Grundlagen und Hauptaufgaben für die Bewährungshilfe. Aufgrund ihres relativ hohen Abstraktionsgrades sind sie allerdings nicht unmittelbar für die praktische Anwendung vorgesehen. Allein das Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz hat Qualitätsstandards entwickelt, die konkret genug sind, um als Orientierungsrahmen für die bewährungshelferische Praxis dienen zu können. 

Lücken in den schweizerischen Grundlagen

Eine für alle Kantone geltende Referenz bilden die vom Ministerkomitee des Europarates verabschiedeten Grundsätze der Bewährungshilfe («European Probation Rules»), welche jedoch in den Dokumenten auf föderaler und konkordatlicher Ebene kaum referenziert werden. Somit haben Themen wie z.B. die Arbeit mit Angehörigen oder der Umgang mit ausländischen Strafgefangenen bislang noch keinen Eingang in die schweizerischen Grundlagen gefunden. Darüber hinaus ist die Bewährungshilfe in den europäischen Grundsätzen als eine kontinuierliche Betreuung von der Inhaftierung bis zur Wiedereingliederung vorgesehen. Mit Ausnahmen von einigen Kantonen ist diese Konzeption in der Schweiz indessen nicht verbreitet.

Grundlage für eine gesamtschweizerische Lösung

Die Analyse hat sichtbar gemacht, dass gegenwärtig keine einheitlichen Qualitätstandards für die Organisation und Durchführung der Bewährungshilfe existieren. Zur Integration und Professionalisierung des Vollzugssystems, wie sie die Kantone anstreben, könnte deshalb ganz wesentlich ein gesamtschweizerischer Ansatz beitragen. Für alle Kantone gültige Standards würden den in der Bewährungshilfe tätigen Personen Handlungsorientierung vermitteln und könnten zugleich als anerkannte, richtungsweisende Indikatoren für das anzustrebende Leistungsniveau dienen. Dies würde auch den Anschluss an die europäischen Grundsätze der Bewährungshilfe ermöglichen, zu deren Umsetzung sich die Schweiz als Mitgliedsland verpflichtet hat.