Glossar

Administrativhaft

Die Administrativhaft ist eine ausländerrechtliche Zwangsmassnahme. Sie dient alleinig der Sicherstellung der Wegweisung von ausländischen Staatsangehörigen ohne Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung. Unter die Administrativhaft fallen die Vorbereitungs-, Ausschaffungs-, Durchsetzungshaft und die Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens (Dublin-Haft). 

FR: Détention administrative

IT: Carcerazione amministrativa

Ambulante Behandlung

Wenn eine Strafe allein nicht genügt, um die verurteilte Person von weiteren Taten abzuhalten, hierfür jedoch keine stationäre Behandlung erforderlich ist, kann eine ambulante Behandlung gemäss Art. 63 StGB angeordnet werden. Voraussetzungen sind, dass die straffällige Person psychisch sehr auffällig ist oder eine Substanz- oder Verhaltensabhängigkeit (z.B. Spielsucht) aufweist und die von ihr verübte Tat im Zusammenhang mit ihrem Zustand steht und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer Taten begegnen. 

Die Therapie wird entweder begleitend zum Strafvollzug oder in Freiheit durchgeführt (strafrechtliche Sanktionen), wobei die Behandlung in beiden Fällen durch eine therapeutische Fachperson im Rahmen von Einzel- und/oder Gruppensitzungen erfolgt. Sie dauert max. 5 Jahre, kann aber bei Bedarf durch das Gericht jeweils um ein bis fünf Jahre verlängert werden.

FR: Mesure ambulatoire

IT: Trattamento ambulatoriale

Andere Massnahmen

Das Strafgesetzbuch sieht nebst den therapeutischen und den sichernden Massnahmen (strafrechtliche Sanktionen) weitere sogenannte andere Massnahmen vor. Darunter fallen namentlich:  

FR: Autres mesures

IT: Altre misure

Arbeit und Bildung

Arbeit

Im Strafvollzug sind die Eingewiesenen zur Arbeit verpflichtet (Art. 81 StGB), im Massnahmenvollzug werden sie zur Arbeit angehalten, soweit ihre stationäre Behandlung oder Pflege dies zulässt (Art. 90 Abs. 3 StGB).

In der Regel werden Eingewiesene im Sanktionenvollzug in den Arbeitsprozess in einem der institutionsinternen Betriebe integriert, zum Beispiel in der Küche, in der Montage, in der Schreinerei oder in der Landwirtschaft. Eingewiesene, die aus gesundheitlichen oder psychosozialen Gründen nicht in den regulären Arbeitsprozess integriert werden können, werden meist an einem besonderen Arbeitsplatz, z. B. in einem Kreativatelier beschäftigt.

In der Untersuchungshaft gilt aufgrund der Unschuldsvermutung keine Arbeitspflicht. Die kantonale Konferenz der Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) empfiehlt, den inhaftierten Personen in allen Phasen der Untersuchungshaft zur Aufrechterhaltung ihrer psychischen und physischen Gesundheit auf deren Wunsch sinnvolle und abwechslungsreiche Beschäftigungs- oder Arbeitsmöglichkeiten anzubieten (https://kkjpd.ch/newsreader/empfehlungen-fuer-die-untersuchungs-und-sicherheitshaft.html).  

Für Personen in der ausländerrechtlichen Administrativhaft gilt keine gesetzliche Arbeitspflicht. Aber es gibt Empfehlungen (z.B. von der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter NKVF und dem Committee for the Prevention of Torture CPT), dass diesen inhaftierten Personen eine Beschäftigung angeboten werden muss.

Bildung

Gemäss Art. 82 StGB muss den inhaftierten Personen im Sanktionenvollzug bei Eignung nach Möglichkeit die Gelegenheit gegeben werden, von Bildungsangeboten zu profitieren, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Bildung ist der Arbeit gleichgestellt und wird angemessen vergütet (Art. 82 i.V.m. Art. 83 Abs. 3 StGB).  

In über der Hälfte der Einrichtungen der Schweiz werden diese Bildungsangebote von Lehrpersonen BiSt (Bildung im Strafvollzug) des SKJV durchgeführt. Das Ziel dieser Bildung ist sowohl das Erlernen einer Schweizer Landessprache als auch das Schliessen von schulischen Lücken. Dies ermöglicht ihnen, eine Berufsausbildung zu beginnen, wieder aufzunehmen oder abzuschliessen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einer erfolgreichen Wiedereingliederung in die Gesellschaft. 

FR: Travail et formation

IT: Lavoro e formazione

Arbeitsentgelt

Gemäss Art. 83 StGB haben inhaftierte Personen für die im Vollzug geleistete Arbeit Anrecht auf ein Arbeitsentgelt. Die Konkordatskonferenzen legen periodisch einen mittleren Verdienstansatz pro Arbeitstag fest.

Die inhaftierten Personen können nur über einen Teil des Arbeitsentgelts frei verfügen, da dieses auch der Deckung der Vollzugskosten und als Starthilfe für die Zeit nach der Entlassung dient. Zu diesem Zweck wird das Arbeitsentgelt auf verschiedene Konti überwiesen. So gibt es ein Freikonto, über welches die inhaftierten Personen frei verfügen können, ein zweckgebundenes Konto (z.B. um sich an Gesundheitskosten zu beteiligen) und ein Spar- bzw. Sperrkonto für die Zeit nach der Entlassung. In den beiden Deutschschweizer Strafvollzugskonkordaten wird für Personen, die vom Gericht zu Wiedergutmachungszahlungen verurteilt worden sind, zudem ein Wiedergutmachungskonto eröffnet.

Bezüglich der in der Untersuchungshaft geleisteten Arbeit gibt es keinen konkordatlichen Tarifrahmen, weshalb das Arbeitsentgelt je nach Kanton oder Einrichtung variieren kann. 

FR: Rémunération

IT: Retribuzione

Arbeitsexternat

Im Arbeitsexternat gemäss Art. 77a StGB (sog. AEX) geht die eingewiesene Person tagsüber einer Arbeit ausserhalb der Institution des Freiheitsentzugs nach und verbringt die arbeitsfreie Zeit sowie die Nacht in der Institution. Das AEX ist eine der letzten Stufen des progressiven Strafvollzugs vor der (bedingten) Entlassung und in der Regel auf eine Dauer von drei bis zwölf Monaten angelegt.

Diese Stufe wird gewährt, wenn die Person:  

  • über eine Arbeit oder eine strukturierte Beschäftigung verfügt;
  • einen Teil ihrer Freiheitsstrafe verbüsst hat, im Normalfall mindestens die Hälfte der Strafe;
  • und keine Flucht- und Rückfallgefahr vorliegt.

Anstelle des Arbeitsexternates besteht die Möglichkeit, diese Stufe des Vollzugs in Form der elektronischen Überwachung (Electronic Monitoring) zu absolvieren (Art. 79b StGB).  

Im Massnahmenvollzug, dessen Zeitrahmen nicht zum Voraus festgelegt werden kann, werden diese Voraussetzungen sinngemäss angewendet (Art. 90 Abs. 2bis StGB). 

FR: Travail externe

IT: Lavoro esterno

Auslieferungshaft

Die Auslieferungshaft stellt eine eigenständige Haftform dar und ist nicht unter die Kategorie der Administrativhaft zu subsumieren. Sie ist dem Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen zu zuordnen (Art. 32 ff. IRSG) und bedeutet die zwangsweise Übergabe einer im Ausland gesuchten Person an den ersuchenden Staat zum Zweck der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung. Die Auslieferungshaft dient damit der Sicherstellung der späteren Auslieferung an den ersuchenden Staat. 

FR: Détention en vue de l’extradition

IT: Carcerazione ai fini di estradizione

Ausschaffungshaft

Die Ausschaffungshaft ist eine Form der Administrativhaft (weitere: Vorbereitungshaft, Dublin-Haft, Durchsetzungshaft). Sie setzt die Eröffnung eines erstinstanzlichen Aus- oder Wegweisungsentscheids voraus und sichert den Vollzug einer Aus- oder Wegweisung (Art. 76 AIG).  

Gemäss Art. 81 Abs. 2 AIG und der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Personen, die aus ausländerrechtlichen Gründen in Haft genommen werden, getrennt von Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug unterzubringen. 

FR: Détention en vue du renvoi ou de l’expulsion

IT: Carcerazione in vista di rinvio coatto o espulsione 

Aussenkontakte

Für Personen im Strafvollzug gehört die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte mit Personen ausserhalb der Institution gemäss Art. 84 StGB zu den Grundrechten und ist durch die Institutionen umzusetzen. Gemäss Art. 90 Abs. 4 StGB gilt Art. 84 StGB für Personen im Massnahmenvollzug sinngemäss, sofern nicht aus Gründen der stationären Behandlung Einschränkungen notwendig sind.

Prosoziale Aussenkontakte sind ein bedeutender Faktor für die psychische Gesundheit und eine erfolgreiche Reintegration. Innerhalb der Institution können die Aussenkontakte durch Schriftverkehr, Telefonkontakte und die Gewährung von Besuchszeiten aufrechterhalten werden; ausserhalb der Mauern durch Ausgänge und Urlaube.  

Die Kontakte nach aussen via Brief- oder Telefonverkehr können kontrolliert und zum Schutz der Ordnung und der Sicherheit in der Vollzugsinstitution beschränkt oder untersagt werden.

In der Untersuchungs- und Sicherheitshaft kontrolliert gemäss Art. 235 StPO die Verfahrensleitung die ein- und ausgehende Post, mit Ausnahme der Korrespondenz mit Aufsichts- und Strafbehörden sowie der Verteidigung. Besuche werden ebenfalls von der Verfahrensleitung bewilligt. Diese können aus Ordnungs- und Sicherheitsgründen unter Aufsicht stattfinden.  

In der ausländerrechtlichen Administrativhaft können die inhaftierten Personen grundsätzlich mit Personen ausserhalb der Institution sowohl mündlich wie auch schriftlich frei verkehren. Besuche finden in der Regel ohne Überwachung statt. Einschränkungen sind aus Sicherheits- und Ordnungsgründen zulässig (vgl. Art. 81 AIG).

Die inhaftierten Personen verfügen neben dem Recht auf persönliche Kontakte auch über ein Recht auf Information. Aus diesem Grund ist ihnen z.B. Zugang zu Zeitung, Radio, Fernsehen oder Internet zu ermöglichen. Einschränkungen des Informationsrechts sind nur zulässig, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit der Einrichtung notwendig ist.  

FR: Relations avec le monde extérieur

IT: Relazioni con il mondo esterno

Austritt

Austritt bedeutet, dass die inhaftierte Person die Institution, in welcher sie sich bisher befand, dauerhaft verlässt. Bei einem zeitlich begrenzten Verlassen der Institution aufgrund z.B. eines Ausgangs, Urlaubs oder eines Arztbesuchs handelt es sich folglich nicht um einen Austritt.

Ein Austritt erfolgt bei:

  • Verlegung in eine andere Institution;
  • bedingter Entlassung;
  • definitiver Entlassung.

Aus administrativer Sicht bedeutet der Austritt für die inhaftierte Person unterschiedliche organisatorische Vorbereitungen sowie das Ausfüllen von Austrittsformularen. Der inhaftierten Person werden ihre persönlichen Gegenstände ausgehändigt oder an die entsprechende Institution geschickt, falls die betroffene Person weiter im Freiheitsentzug bleibt. Viele Einrichtungen bieten auch ein Austrittsgespräch an. 

FR: Sortie de l’établissement 

IT: Uscita dallo stabilimento 

Bedingte Entlassung

Die bedingte Entlassung ist eine Möglichkeit, eine Person vorzeitig aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug zu entlassen, wobei sie für eine bestimmte Dauer einer Probezeit unterstellt. Während dieser Zeit kann sie mittels Unterstützungsmassnahmen (z.B. in Form von Bewährungshilfe oder Weisungen) weiter begleitet und kontrolliert werden.

1. Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe (Art. 86 Abs. 1 StGB):    

  • Zwei Drittel der Strafe und mind. drei Monate sind bereits verbüsst,
  • das Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt eine Entlassung,  
  • es ist anzunehmen, die Person werde keine weiteren Verbrechen oder Vergehen begehen.  

Die zuständige Behörde hat die bedingte Entlassung von Amtes wegen zum Zeitpunkt des 2/3 – Termins zu prüfen (bei kürzeren Freiheitsstrafen nach mind. drei Monaten). Sie holt hierzu einen Bericht der Institution des Freiheitsentzugs ein und hört die eingewiesene Person an. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 133 IV 201, E. 2.2) stellt die bedingte Entlassung die Regel und deren Verweigerung die Ausnahme dar.   
Sind die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nicht erfüllt, verbleibt die eingewiesene Person im Vollzug. Die zuständige Behörde hat danach mindestens einmal jährlich neu zu prüfen, ob die bedingte Entlassung gewährt werden kann.  

2. Voraussetzung für eine bedingte Entlassung aus der stationären therapeutischen Massnahme (Art. 62 StGB):  

  • Der Zustand der Person rechtfertigt es, dass ihr Gelegenheit gegeben wird, sich in Freiheit zu bewähren.  

Gemäss der Rechtsprechung ist eine ausreichende Reduktion des Rückfallrisikos erforderlich. Das bedeutet, dass eine vollständige Heilung nicht notwendig ist, aber der Täter/die Täterin gelernt haben muss, mit seinen/ihren Defiziten umzugehen (BGE 137 IV 201, E. 1.2). Die Überprüfung der bedingten Entlassung aus der Massnahme erfolgt jährlich, wobei stets ein aktueller Therapieverlaufsbericht einzuholen ist und eine Anhörung der eingewiesenen Person erfolgen muss.  

3. Voraussetzung für eine bedingte Entlassung aus der Verwahrung (Art. 64a StGB):  

  • Es ist zu erwarten, dass sich die Person in Freiheit bewährt.

Gemäss der Rechtsprechung muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich die verwahrte Person bewähren wird (BGE 142 IV 56, E. 2.4).  

4. Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der lebenslänglichen Verwahrung (Art. 64c StGB)  

Eine bedingte Entlassung aus der lebenslänglichen Verwahrung ist ausnahmsweise möglich, wenn:  

  • die Person infolge Alters,
  • schwerer Krankheit oder  
  • aus einem anderen Grund für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt. 

FR: Libération conditionnelle

IT: Liberazione condizionale

Bedingte Strafe

Der Vollzug einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe kann vorläufig aufgeschoben werden, falls das Strafmass zwei Jahre nicht übersteigt und eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter oder die Täterin von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 StGB). Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. Für die Dauer der Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen (Art. 44 StGB). Die Mehrheit der Strafen wird bedingt ausgesprochen. 

FR: Peine avec sursis

IT: Pena con la condizionale

Behandlung von psychischen Störungen

Synonym: Die stationäre Behandlung psychischer Störungen wird oft als «kleine Verwahrung» bezeichnet. Diese Bezeichnung ist unzutreffend, da die Behandlung von psychischen Störungen nach Art. 59 StGB nicht auf unbestimmte Dauer angeordnet wird, sondern nach fünf Jahren gerichtlich überprüft werden muss. Zudem will sie – im Gegensatz zur Verwahrung – eine Reintegration der eingewiesenen Person und hat demgemäss einen progressiven Vollzug zum Ziel.

Art. 59 StGB

Zweck

Die Behandlung von psychischen Störungen dient der langfristigen Vermeidung weiterer Delikte durch psychisch schwer gestörte verurteilte Personen.

Voraussetzungen

Die Anordnung einer stationären Behandlung von psychischen Störungen verlangt die kumulative Beachtung folgender Voraussetzungen:

  • Der Täter / die Täterin ist psychisch schwer gestört;
  • der Täter / die Täterin hat ein Verbrechen oder Vergehen begangen, das mit dieser Störung zusammenhängt; und
  • es besteht die Aussicht, dass sich die Gefahr neuer Straftaten durch die Behandlung verhindern lässt.

Vollzugsort

Die Behandlung von psychischen Störungen erfolgt in einer Massnahmenvollzugseinrichtung oder in einer psychiatrischen Einrichtung.

Dauer

Die Behandlung von psychischen Störungen dauert maximal fünf Jahre und ist jährlich zu überprüfen. Eine bedingte Entlassung ist zu gewähren, sobald sich die Legalprognose soweit verbessert hat, dass eine Freilassung verantwortbar erscheint. Sollte sich während des Vollzugs zeigen, dass eine längere Behandlung notwendig ist, kann das Gericht die Massnahme jeweils für maximal fünf Jahre verlängern.

Siehe auch: stationäre therapeutische Massnahmen, Suchtbehandlung, Massnahmen für junge Erwachsene

FR: Traitement institutionnel des troubles mentaux

Besondere Vollzugsformen der Freiheitsstrafe

Für den Vollzug von kurzen Freiheitsstrafen bestehen nebst dem Normalvollzug, die folgenden besonderen Vollzugsformen: Halbgefangenschaft, Electronic Monitoring und Gemeinnützige Arbeit. Zentrales Anliegen der besonderen Vollzugsformen ist es, möglichen schädlichen Auswirkungen von Freiheitsstrafen entgegenzuwirken und das soziale Netzwerk als auch soziale Kompetenzen im Hinblick auf die Entlassung aus dem Strafvollzug zu erhalten oder aufzubauen. Besondere Vollzugsformen können bewilligt werden, wenn keine Flucht- oder Rückfallgefahr vorhanden ist. Zudem müssen weitere im Strafgesetzbuch festgehaltene Voraussetzungen erfüllt sein, wie beispielsweise die Einreichung eines Gesuchs oder der Nachweis eines bestimmten Beschäftigungsgrades.  

FR: Formes particulières d’exécution de la peine privative de liberté

IT: Forme particolari di esecuzione della pena detentiva

Besuche

Gemäss Art. 84 Abs. 1 StGB haben inhaftierte Personen das Recht Besuche zu empfangen und mit Personen ausserhalb der Anstalt Kontakt zu pflegen. Jeder Besuch ist bewilligungspflichtig und jede Institution legt die Besuchszeiten während der Woche sowie die Anzahl möglicher Besuche fest. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die gewählten Zeitfenster es ermöglichen, dass auch Besuche von Kindern erfolgen können. Besuche können unter Umständen auch eingeschränkt werden (z.B. in Untersuchungshaft). 

FR: Visites

IT: Visite

Bewährungshilfe

Die Bewährungshilfe hat den Auftrag, verurteilte Personen vor Rückfälligkeit zu bewahren und deren soziale Integration zu fördern. Mit den Methoden der sozialen Arbeit bietet der Bewährungshelfer/die Bewährunghelferin persönliche Beratung, Sozial- und Sachhilfe in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Bildung, Finanzen, Beziehungen, Freizeit, Gesundheit, Therapie an. Er/sie arbeitet delikt-, risiko- und ressourcenorientiert. Er/sie kontrolliert auch die Einhaltung behördlich verfügter Weisungen und Auflagen.

Bewährungshilfe kann angeordnet werden für Personen,

Angeordnet wird die Bewährungshilfe von Staatsanwaltschaften, Gerichten oder Vollzugsbehörden.

Schliesslich kann die Bewährungshilfe auch auf freiwilliger Basis zur sozialen Betreuung der verurteilten Person beigezogen werden (Art. 96 StGB).

Die Bewährungshilfe ist in der Regel als spezialisierte Verwaltungsbehörde organisiert. Die Bewährungshilfe arbeitet eng mit unterschiedlichen Behörden und Fachstellen zusammen (z.B. Sozialdienste, Regionale Arbeitsvermittlung, IV-Stellen, psychologisch-psychiatrische Dienste, Familienberatung). Als Teil des Justizvollzugs ist sie verpflichtet, den Auftraggebern Bericht zu erstatten. 

FR: Assistance de probation

IT: Assistenza riabilitativa

Bewährungshilfe bei bedingter Entlassung

Wird die verurteilte Person aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug bedingt entlassen, kann ihr seitens der zuständigen Behörde eine Begleitung durch die Bewährungshilfe während der Probezeit auferlegt werden.

Anwendungsgebiet

Dies gilt für die:

Siehe auch: Bewährungshilfe

FR: Assistance de probation

Brief- und Telefonverkehr

Art. 84 StGB

Der freie Briefverkehr zwischen der eingewiesenen Person und ihrer Rechtsvertretung muss gewährleistet sein und darf im Gegensatz zur Kommunikation mit anderen Adressatinnen und Adressaten weder kontrolliert noch unterbunden werden. Ausnahmen sind nur bei Missbrauch möglich. Analoge Regeln gelten für die Kommunikation mit Aufsichtsbehörden, Notaren und Vormündern.

In offenen Institutionen haben Eingewiesene während der arbeitsfreien Zeit in der Regel auf eigene Kosten freien Zugang zu Telefonkabinen. In geschlossenen Institutionen ist der private Telefonverkehr in Bezug auf Dauer und Häufigkeit oftmals eingeschränkt.

Die Kontakte nach aussen via Brief- oder Telefonverkehr können kontrolliert und zum Schutz der Ordnung in der Vollzugsinstitution beschränkt oder untersagt werden. Einschränkungen unterliegen jedoch stets einer Rechtsgüterabwägung.

FR: Correspondance et communications téléphoniques

Bundesrechtliche und kantonale Grundlagen für den Straf- und Massnahmenvollzug

Die Bundesverfassung bestimmt in Art. 123 Abs. 2 BV, dass grundsätzlich die Kantone für den Straf- und Massnahmenvollzug zuständig sind. Allerdings kann der Bund Vorschriften für den Straf- und Massnahmenvollzug erlassen. Von dieser Kompetenz hat der Bund bislang nur teilweise Gebrauch (z.B. Art. 74 ff. StGB) gemacht. Diese Situation führt dazu, dass es in den Kantonen verschiedene Gesetze und Verordnungen hinsichtlich der Umsetzung des Straf- und Massnahmenvollzugs gibt. Die verschiedenen Regelungen auf unterschiedlichen Normstufen sind ein charakteristisches Merkmal für den schweizerischen Sanktionenvollzug. 

FR: Bases légales fédérales et cantonales de l’exécution des peines et mesures

IT: Basi giuridiche federali e cantonali per l’esecuzione delle pene e delle misure

Busse

Bussen werden bei Übertretungen ausgesprochen (Art. 103 StGB). Die Busse bedeutet eine Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags (i.d.R. max. CHF 10'000.– gemäss Strafgesetzbuch) an den Staat. Sie wird immer unbedingt ausgesprochen. Für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, spricht das Gericht eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten aus (Art. 106 StGB). 

FR: Amende

IT: Multa

Desistance

Der Desistance-Ansatz, der in jüngerer Zeit vermehrt Beachtung gefunden hat, beschäftigt sich mit den Prozessen des Abstandnehmens von kriminellen Verhaltensweisen ("Desistance from Crime"). Er schliesst an etablierte Ansätze zur Entstehung und Verfestigung krimineller Karrieren an, wird jedoch teilweise als Gegengewicht zum risikoorientierten Ansatz in der Arbeit mit straffälligen Personen wahrgenommen. Im Zentrum steht die Frage, wodurch ein Identitätswandel von einem kriminellen hin zu einem nicht-kriminellen Selbstverständnis unterstützt wird.
 

FR: Désistance

IT: Desistenza

Disziplinarrecht

Das Disziplinarrecht (Art. 91 StGB) hat zwei Funktionen: Einerseits dient es der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen (sog. Ordnungsfunktion) und andererseits soll es die Person zu einem zukünftigen regelkonformen Verhalten bewegen (sog. Erziehungsfunktion). Disziplinarsanktionen werden von Seiten der Anstaltsleitung gegenüber den inhaftierten Personen angeordnet, wenn die kantonalen Bestimmungen oder die Anstaltsvorschriften (gemäss Hausordnung) schuldhaft verletzt werden. Verstösse, die eine Diszplinarsanktion nach sich ziehen, können sein: Fluchtversuche, Tätlichkeit oder Drohung gegen das Anstaltspersonal, andere inhaftierte Personen oder Drittpersonen, Sachbeschädigung, Arbeitsverweigerung, Missbrauch des Ausgangs- Urlaubs- oder des Besuchsrechts, Einfuhr/Besitz/Konsum/Handel verbotener Objekte oder Substanzen.    

Nur die folgende Disziplinarsanktionen sind gemäss Art. 91 StGB möglich:

  • ein Verweis,
  • der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte,
  • eine Busse,
  • Arrest.

Der Verhältnismässigkeit der Sanktion fällt eine grosse Bedeutung zu; die objektive Schwere des Verhaltens, das bisherige Vollzugsverhalten und die möglichen Beweggründe werden in die Beurteilung miteinbezogen. 

FR: Droit disciplinaire

IT: Diritto disciplinare

Durchsetzungshaft

Die Durchsetzungshaft ist eine Form der Administrativhaft. Sie kann angeordnet werden, wenn ein rechtskräftiger Aus- oder Wegweisungsentscheid aufgrund des persönlichen Verhaltens der ausländischen Person nicht vollzogen werden kann. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann Durchsetzungshaft für einen Monat (mit Möglichkeit der Verlängerung) angeordnet werden. Die Anordnung der Durchsetzungshaft ist nur dann zulässig, wenn keine Ausschaffungshaft und keine milderen Massnahmen angeordnet werden können (Art. 78 AIG).  

FR: Détention pour insoumission

IT: Carcerazione cautelativa

Dynamische Sicherheit

Die Sicherheit während des Freiheitsentzugs besteht aus drei Dimensionen: der prozeduralen, der passiven und der dynamischen Sicherheit. Die dynamische Sicherheit beruht auf vier Aspekten: Aufmerksamkeit, Interaktivität, positive Beziehungsarbeit und deeskalierende Massnahmen. Die Interaktionen zwischen dem Personal und den inhaftierten Personen sowie das soziale Klima einer Institution stehen bei diesem Konzept im Zentrum.

FR: Sécurité dynamique

IT: Sicurezza dinamica

Eidgenössische Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter

Die Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäterinnen und Straftäter beurteilt im Auftrag der zuständigen Justizvollzugsbehörde, ob neue, wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass eine lebenslänglich verwahrte Person so behandelt werden kann, dass sie für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt. Verordnung vom 26. Juni 2013 

FR: Commission fédérale chargée de juger les possibilités de traiter les personnes internées à vie

IT: Commissione peritale federale incaricata di valutare l'idoneità alla terapia dei criminali internati a vita

Eintritt

Tritt eine Person in eine Einrichtung des Freiheitsentzugs ein, durchläuft sie ein standardisiertes Eintrittsverfahren mit verschiedenen Schritten (vgl. Art. 15 ff Europäische Strafvollzugsgrundsätze): Empfang (Aufnahme und erste Sicherheitskontrolle), Kontrollen (Leibesvisitation, persönliche Effekte, Alkohol- und Drogentests), administrative Angaben, Abgabe der Gefängnisausstattung, medizinische Kontrolle, Unterbringung in der Zelle, Erläuterung der Abläufe und Reglemente.  

Des Weiteren muss jede eingetretene Person innerhalb der ersten 24 Stunden durch medizinisches Fachpersonal zu ihrem Gesundheitszustand befragt werden. Dadurch können mögliche Krankheiten und Krankheitsrisiken sowie Anzeichen von Gewaltanwendung zeitnah erkannt und behandelt werden, oder die Fortführung einer laufenden Behandlung sichergestellt werden. 

FR: Admission

IT: Ammissione

Einzelhaft

Einzelhaft bedeutet die ununterbrochene Trennung einer Person im Freiheitsentzug von den anderen mitinhaftierten Personen. Die inhaftierte Person verbringt die Zeit allein in der Zelle, abgesehen von einem täglichen mindestens einstündigen Spaziergang an der frischen Luft. Die Anordnung von Einzelhaft kann in allen Haftformen (Untersuchungs- und Sicherheitshaft, Straf- und Massnahmenvollzug und Administrativhaft) und unter verschiedenen gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen, z.B.:

  • bei Antritt der Strafe und zur Einleitung des Vollzugs für die Dauer von höchstens einer Woche; im Massnahmenvollzug als vorübergehende therapeutische Massnahme
  • zum Schutz der Person im Freiheitsentzug oder zum Schutze Dritter
  • als Disziplinarsanktion
  • zur Verhinderung der Beeinflussung von Mitgefangenen durch Gedankengut, das die Ausübung von terroristischen Aktivitäten begünstigen kann, sofern konkrete Anhaltspunkte auf eine solche Beeinflussung vorliegen.

Diese und weitere Voraussetzungen sind im StGB und in kantonalen sowie konkordatlichen Rechtsgrundlagen festgehalten.

Von der Einzelhaft ist die Einzelunterbringung zu unterscheiden. Letztere bedeutet die Unterbringung in einer Einzelzelle, ohne dass die Person in der Arbeits- und Ruhezeit von den anderen Personen im Freiheitsentzug getrennt wird.  

FR: Détention cellulaire

IT: Segregazione cellulare

Electronic Monitoring

Als Electronic Monitoring (EM) wird die elektronische Überwachung einer Person bezeichnet (Art. 79b Abs. 2 StGB). Der betroffenen Person wird am Fussgelenk ein Sender angelegt, der es ermöglicht, ihren Aufenthaltsort zu bestimmen. Es wird zwischen der aktiven und der passiven Überwachung unterschieden. Bei der aktiven Überwachung wird ein Verstoss gegen die Auflagen (wie z.B. Überschreiten des Rayons) unmittelbar registriert und es wird sofort darauf reagiert. Bei der passiven Überwachung erfolgen Feststellung und Reaktion auf ein Fehlverhalten zeitlich verzögert.

Electronic Monitoring kennt verschiedene Anwendungsfelder:

  • Als besondere Vollzugsform: Bei Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafen von 20 Tagen bis 12 Monate und auf Gesuch der verurteilten Person (sog. Front Door)
  • Bei längeren Freiheitsstrafen im Rahmen des progressiven Vollzugs (sog. Back-Door)
  • Zur Überwachung von Ersatzmassnahmen (Art. 237 StPO)
  • Zur Überwachung von Kontakt- und Rayonverboten (Art. 67b StGB)

Bei EM handelt es sich nicht um ein Sicherungs-, sondern lediglich um ein Überwachungsinstrument. Damit EM zur Anwendung kommen kann, muss die betroffene Person bestimmte Bedingungen erfüllen: Es darf keine Fluchtgefahr und keine Gefahr für erneute Straftaten bestehen, ferner muss die Person über eine dauerhafte Unterkunft verfügen und mindestens 20 Stunden pro Woche einer geregelten Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung nachgehen. 

FR: Electronic Monitoring

IT: Electronic Monitoring

Endgültige Entlassung

Eine Person wird endgültig entlassen, wenn:  

  • ihre Strafe bis zum letzten Tag verbüsst ist (Strafende);
  • die Probezeit bei bedingter Entlassung ohne Unregelmässigkeiten verlaufen ist;
  • die Höchstdauer einer Massnahme (gemäss Art. 60 StGB und Art. 61 StGB) erreicht wurde und die Voraussetzungen der bedingten Entlassung erfüllt sind (Art. 62b StGB). Sind trotz Erreichen der Höchstdauer die Voraussetzungen der bedingten Entlassung nicht erfüllt, wird die Massnahme aufgehoben (gemäss Art. 62c Abs. 1 lit. b. StGB). 

FR: Libération définitive

IT: Liberazione definitiva

Ersatzfreiheitsstrafe

Eine Ersatzfreiheitsstrafe tritt an die Stelle einer Busse (Art. 106 Abs. 2 StGB) oder einer Geldstrafe (Art. 34 StGB), wenn die verurteilte Person diese nicht bezahlt und sie auch auf dem Betreibungsweg nicht eingebracht werden kann (Art. 36 StGB).

Bei Bussen bemisst das Gericht die Ersatzfreiheitsstrafen nach den Verhältnissen des Täters / der Täterin, so dass diese dem Verschulden angemessen ist. Sie beträgt mindestens 1 Tag und höchstens 3 Monate. Bei Geldstrafen entspricht die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe der Anzahl Tagessätze.

Es ist jederzeit möglich, auch nach erfolgter Umwandlung der Busse oder Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe, den ausstehenden Betrag nachträglich zu bezahlen und damit den Freiheitsentzug abzuwenden.

Die Ersatzfreiheitsstrafe über 20 Tage und bis 12 Monate kann in Form des Electronic Monitoring, vollzogen werden (Art. 79b Abs.1 lit. a StGB). 

FR: Peine privative de liberté de substitution

IT: Pena detentiva sostitutiva

Ersatzmassnahmen

Ersatzmassnahmen gemäss Art. 237 StPO sind Zwangsmassnahmen, die vom zuständigen Gericht anstelle von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft angeordnet werden, insofern sie denselben Zweck wie die Haft erfüllen. Auf diese Weise sollen negative Haftfolgen wie z.B. Verlust der Wohnung oder der Arbeit vermieden werden. Mögliche Ersatzmassnahmen sind: Sicherheitsleistung (Kaution), Ausweis- und Schriftensperre, Meldepflicht, Kontakt- oder Rayonverbot.  

Zur Kontrolle der Einhaltung von angeordneten Ersatzmassnahmen kann das Gericht eine elektronische Überwachung anordnen. 

FR: Mesures de substitution

IT: Misure sostitutive

Fachkommission

Die Fachkommission ist ein interdisziplinäres Gremium aus Vertreter:innen der Strafvervolgungsbehörden, der Vollzugsbehörden sowie der Psychiatrie (Art. 62d Abs. 2 StGB). Gemäss Art. 75a StGB beurteilt die Fachkommission in gewissen Fällen die Gemeingefährlichkeit von Straftäter:innen sofern eine Einweisung in eine offene Strafanstalt (Anmerkung: oder offene Massnahmenvollzugsein-richtung) und die Bewilligung von Vollzugsöffnungen gewährt werden sollen. Für den Massnahmenvollzug gilt dies gemäss Art. 90 Abs. 4bis StGB sinngemäss. Die Fachkommission hat eine Beurteilung vorzunehmen, wenn der Täter oder die Täterin ein Verbrechen gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB begangen hat und die Vollzugsbehörde die Frage der Gemeingefährlichkeit des Täters oder der Täterin nicht eindeutig beantworten kann. 
Beide Deutschschweizer Konkordate verfügen über je eine konkordatliche Fachkommission. Im lateinischen Konkordat gibt es keine konkordatliche Fachkommission, stattdessen verfügt jeder Kanton über seine eigene Fachkommission.

FR: Commission d’évaluation de la dangerosité

IT: Commissione di valutazione della pericolosità

Forensische Therapie

Eine forensische Therapie kann gerichtlich angeordnet werden, wenn das Delikt mit einer psychischen Störung in Zusammenhang steht und “ (…) die Strafe alleine nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen.” (Art. 56 Abs.1 lit. a StGB). Sie kann stationär, ambulant oder vollzugsbegleitend durchgeführt werden. Forensisch-psychiatrische und -psychotherapeutische Behandlungen sind deliktorientiert und stellen die Auseinandersetzung mit vergangenen als auch möglichen zukünftigen Taten ins Zentrum. Therapeutische Hauptziele sind die Verhinderung weitere Straftaten und die Rückkehr in die Gesellschaft.  

FR: Thérapie forensique

IT: Terapia forense

Freiheitsstrafe

Die Freiheitsstrafe ist die schwerste Art von Strafe, die im schweizerischen Strafgesetzbuch vorgesehen ist. Sie bezweckt den Entzug oder die Beschränkung der Bewegungsfreiheit einer verurteilten Person. Dabei dürfen die Rechte der betroffenen Person nur insoweit eingeschränkt werden, als dies der Freiheitsentzug erfordert. Die Strafe wird entweder von einem Gericht durch Urteil oder von der Staatsanwaltschaft (gemäss Art. 352 Abs. 1 StPO bis 6 Monate) durch Strafbefehl ausgesprochen.

Die Freiheitsstrafe wird grundsätzlich in einer Einrichtung des Freiheitsentzugs vollzogen. Freiheitsstrafen können unbedingt, bedingt oder teilbedingt ausgesprochen werden. Die Mindestdauer einer Freiheitsstrafe beträgt 3 Tage und die Höchstdauer 20 Jahre (Art. 40 Abs. 1 StGB). Das Gesetz sieht allerdings vor (Art. 40 Abs. 2 StGB), dass bei bestimmten und besonders schweren Delikten (z.B. Mord, Art. 112 StGB) eine lebenslange Freiheitsstrafe angeordnet werden kann.    

Sind die Bedingungen erfüllt, kann die Vollzugsbehörde auf Gesuch der verurteilten Person besondere Vollzugsformen (Halbgefangenschaft, gemeinnützige Arbeit, elektronische Überwachung) anordnen. 

FR: Peine privative de liberté

IT: Pena detentiva

Freizeit

Die Personen in einer Einrichtung des Freiheitsentzugs haben die Möglichkeit, an verschiedenen Freizeitaktivitäten (wie z.B. Sport, Theater, Kreativatelier) teilzunehmen. Die Freizeit sinnvoll zu gestalten kann ein wichtiger Schutzfaktor hinsichtlich Rückfallprävention sein. Je nach baulichen Strukturen oder Personalressourcen sind die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung in den Einrichtungen des Freiheitsentzugs unterschiedlich. 

FR: Temps libre

IT: Tempo libero

Fürsorgerische Unterbringung

Die fürsorgerische Unterbringung (sog. FU) ist eine zivilrechtliche Schutzmassnahme, die auch gegen den Willen der betroffenen Person angeordnet werden kann. Ihre Anordnung setzt voraus, dass die Person an einer psychischen Störung oder einer geistigen Behinderung leidet oder schwerwiegend verwahrlost ist, und ausserdem die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann (Art. 426 ff. ZGB).  

Die FU wird in einer geeigneten Einrichtung vollzogen, in der Regel in einer psychiatrischen Klinik. 

FR: Placement à des fins d’assistance

IT: Ricovero a scopo di assistenza

Geldstrafe

Eine Geldstrafe ist die Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags an den Staat. Sie kann bedingt oder unbedingt ausgesprochen werden. Die Anordnung einer Geldstrafe hat gegenüber einer Freiheitsstrafe grundsätzlich Vorrang (Art. 41 StGB).

Das Gericht spricht die Geldstrafe in Form von Tagessätzen aus, wobei sich die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der verurteilten Person bemisst (in der Regel beträgt ein Tagessatz CHF 30.- bis maximal CHF 3000.-). Das Gericht bestimmt die Anzahl der Tagessätze anhand des Verschuldens, wobei mindestens drei, aber maximal 180 Tagessätze ausgesprochen werden dürfen. Wird die Geldstrafe nicht bezahlt, kann eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen werden.  

FR: Peine pécuniaire

IT: Pena pecuniaria

Gemeinnützige Arbeit

Ist nicht zu erwarten, dass die verurteilte Person flieht oder eine weitere Straftat begeht, kann die Vollzugsbehörde auf Gesuch der verurteilten Person gemeinnützige Arbeit (GA, Art. 79a StGB) anordnen, für:

Gemäss dem Bundesgericht verfolgt die GA den Zweck, die schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs abzumildern und die sozialen Bezüge zu erhalten, ferner ermöglicht sie eine Wiedergutmachung zugunsten der lokalen Gemeinschaft (BGE 134 VI 97, E. 6.3.3.4). Sie wird unentgeltlich und zugunsten von sozialen Einrichtungen, Werken in öffentlichen Interessen oder für hilfsbedürftige Personen geleistet. 

FR: Travail d’intérêt général

IT: Lavoro di pubblica utilità  

Gesundheit

Eingewiesene Personen haben zum Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit Anrecht auf denselben Zugang zur medizinischen Grundversorgung wie die übrige Bevölkerung (Äquivalenzprinzip gemäss Art. 75 Abs. 1 StGB). Im Rahmen ihrer Möglichkeiten stellen die Institutionen des Freiheitsentzugs eine funktionierende Gesundheitsversorgung in präventiver, diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Hinsicht sicher. Darüberhinausgehende Abklärungen und Behandlungen finden ausserhalb der Institutionen in geeigneten medizinischen Einrichtungen statt. 

FR: Santé

IT: Salute

Gutachten

Laut Gesetz werden unabhängige Sachverständige mit einer Gutachtenserstellung beauftragt zur Beurteilung des psychischen Gesundheitszustands einer beschuldigten oder verurteilten Person im Hinblick auf juristische Fragestellungen, wie z.B. Schuldfähigkeit, Therapierbarkeit, Lockerungs- und Legalprognose.  

FR: Expertise

IT: Perizia

Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens (Dublin-Haft)

Die Haft im Rahmen des Dublin-Verfahrens, auch Dublin-Haft genannt, ist eine Form der Administrativhaft. Sie bezweckt die Sicherstellung der Wegweisung in den für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staat (Art. 76a AIG). Stellt eine Person aus einem Drittstaat in der Schweiz ein Asylgesuch, wird geprüft, ob ein Dublin-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ist die Schweiz nicht zuständig, wird in Absprache mit dem aus der Sicht der Schweiz zuständigen Dublin-Staat eine Wegweisung verfügt.  

FR: Détention dans le cadre de la procédure Dublin (détention Dublin)

IT: Carcerazione nell’ambito della procedura Dublino (carcerazione Dublino)

Haftformen – Übersicht

Die schweizerischen Gesetze sehen unterschiedliche Formen des Freiheitsentzugs vor (sog. Haftformen, Haftregime):

Strafprozessordnung (StPO):

Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB):

  • Strafvollzug
  • Massnahmenvollzug

Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG):

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG):

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB):

FR: Formes de détention : vue d‘ensemble

IT: Forme di detenzione: panoramica

Halbgefangenschaft

Bei der Halbgefangenschaft (HG, Art. 77b StGB) handelt es sich um eine «besondere Vollzugsform». Hierfür muss die betroffene Person bei der Vollzugsbehörde ein Gesuch stellen. Die Freiheitsstrafe darf nicht mehr als 12 Monate oder die nach Anrechnung der Untersuchungshaft verbleibende Reststrafe nicht mehr als 6 Monate betragen. Es darf keine Flucht- oder Rückfallgefahr vorliegen.

Ziel einer Halbgefangenschaft ist es, den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs (z.B. Verlust der Arbeitsstelle) entgegenzuwirken. Die Halbgefangenschaft ermöglicht es der inhaftierten Person, ihre Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung ausserhalb der Vollzugseinrichtung fortzusetzen. Die Ruhe- und Freizeit verbringt sie in der Einrichtung. 

FR: Semi-détention

IT: Semiprigionia

Institution des Freiheitsentzugs

Synonyme: Gefängnis, Untersuchungsgefängnis, Bezirksgefängnis, Regionalgefängnis, Kantonalgefängnis, Anstalt, Strafanstalt, Justizvollzugsanstalt, Vollzugsanstalt, Vollzugseinrichtung, Justizvollzugseinrichtung, Massnahmenzentrum, Massnahmenvollzugseinrichtung

Art. 377 StGB

Die Kantone haben die von ihren Strafgerichten ausgefällten Urteile zu vollziehen. Um diese Aufgabe zu gewährleisten, müssen sie folgende Institutionen einrichten und betreiben:

Anstalten und Anstaltsabteilungen

  • für den Normalvollzug (offener und geschlossener Vollzug);
  • die Halbgefangenschaft;
  • das Arbeitsexternat;
  • den Massnahmenvollzug.

Männer und Frauen sowie junge Erwachsene sind dabei grundsätzlich getrennt unterzubringen.

Abteilungen für besondere Personengruppen

Die Kantone können zudem Abteilungen für besondere Personengruppen führen, insbesondere für Eingewiesene bestimmter Altersgruppen, für Eingewiesene mit sehr langen oder sehr kurzen Strafen, Eingewiesene, die intensiv betreut oder behandelt werden müssen oder die eine Aus- oder Weiterbildung machen.

Gefängnisse

Um die Untersuchungs- und Sicherheitshaft zu gewährleisten, betreiben die Kantone Gefängnisse. Diese werden je nach Kanton verschieden bezeichnet: Untersuchungsgefängnis, Bezirksgefängnis, Regionalgefängnis, Kantonalgefängnis.

Siehe auch: Liste mit allen Institutionen des schweizerischen Freiheitsentzugs, Vollzugsformen der Freiheitsstrafe

FR: Institution privative de liberté

Konkordatliche Richtlinien und Reglemente

Synonyme: Konkordatsvereinbarungen, interkantonales Recht

Zweck

Ziel der konkordatlichen Richtlinien und Reglemente ist die Vereinheitlichung des Straf- und Massnahmenvollzugs, um einen grundrechtskonformen, effizienten und kostengünstigen Vollzug zu ermöglichen. So etwa im Bereich der besonderen Vollzugsformen (siehe auch: konkordatliche Richtlinien und Reglemente – besondere Vollzugsformen).

Anwendungsbereich

Die Konkordatsvereinbarungen regeln:

  • den Geltungsbereich des Strafvollzugskonkordats, der den Vollzug von Strafen und Massnahmen an Erwachsenen in den Konkordatsanstalten umfasst;
  • die Aufgabenverteilung unter den beteiligten Kantonen bei der Planung, beim Bau und beim Betrieb der Institutionen des Freiheitsentzugs;
  • die von den einzelnen Kantonen zu führenden Justizvollzugsanstalten bzw. -anstaltstypen;
  • die Verpflichtung der Anstaltskantone zur Aufnahme verurteilter Personen aus den übrigen Konkordatskantonen;
  • die Zuständigkeit der Anstaltskantone und der einweisenden Kantone;
  • die Beschreibung der einzelnen Konkordatsorgane und ihrer Zuständigkeiten;
  • die interne Organisation des Strafvollzugskonkordats mit den verschiedenen Gremien.

Richtlinien

Siehe auch: konkordatliche Richtlinien und Reglemente – besondere Vollzugsformen

FR: Directives et règlements concordataires

Konkordatliche Richtlinien und Reglemente – besondere Vollzugsformen

Die Voraussetzungen für die Zulassung zu einer besonderen Vollzugsform sind im Strafgesetzbuch – wie viele andere Belange des Justizvollzugs – nur in den Grundzügen geregelt. Da die Kantone jedoch gemäss Art. 372 Abs. 3 StGB einen einheitlichen Vollzug der strafrechtlichen Sanktionen gewährleisten müssen, haben die Strafvollzugskonkordate im Bereich der besonderen Vollzugsformen spezifische Richtlinien und Reglemente erlassen:

Siehe auch: konkordatliche Richtlinien und Reglemente, besondere Vollzugsformen der Freiheitsstrafe

FR: Directives et règlements concordataires – formes particulières d’exécution

Lebenslängliche Verwahrung

Die lebenslängliche Verwahrung ist eine verschärfte Form der Verwahrung. Eine Person, die eine Tat begangen hat, wird zu einer lebenslänglichen Verwahrung verurteilt, wenn sie durch eine Straftat gemäss Art. 64 Abs. 1bis StGB (wie z. B. Mord, vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Menschenhandel, Völkermord)

  • die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person besonders schwer beeinträchtigt hat oder dies beabsichtigte;
  • eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie erneut eine dieser Verbrechen begehen wird und
  • die Person als dauerhaft nicht therapierbar eingestuft wird, weil die Behandlung langfristig keinen Erfolg verspricht.

Die dauerhafte Untherapierbarkeit muss mindestens durch zwei erfahrene und voneinander unabhängige Sachverständige festgestellt werden. Diese dürfen die Person nicht behandelt oder in anderer Weise betreut haben (Art. 56 Abs. 4bis StGB). Die zuständige Behörde prüft im Verlauf der lebenslänglichen Verwahrung von Amtes wegen oder auf Gesuch hin, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass die verurteilte Person so behandelt werden kann, dass sie für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt (Art. 64c Abs. 1 StGB). Als Entscheidungsgrundlage dient die Beurteilung der eidgenössischen Fachkommission zur Beurteilung der Behandelbarkeit lebenslänglich verwahrter Straftäter.

Der Vollzug der lebenslänglichen Verwahrung erfolgt erst nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe. Dabei werden der lebenslänglich verwahrten Person auch während des Vollzugs der Freiheitsstrafe kein Urlaub oder andere Vollzugsöffnungen gewährt (Art. 84 Abs. 6bis, Art. 90 Abs. 4ter StGB).

Die lebenslängliche Verwahrung wird in einer geschlossenen Institution des Freiheitsentzugs vollzogen. 

FR: L’internement à vie

IT: Internamento a vita

Lernprogramm

Als Lernprogramme werden strukturierte Interventionsformen mit dem Ziel der Rückfallprävention bezeichnet, in denen mit den Teilnehmenden ein Manual durchgearbeitet wird (u.a. mittels Wissensvermittlung, Diskussionen, Selbstreflexion und praktischen Übungen). Lernprogramme sind zeitlich begrenzt und können sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting stattfinden. Sie leisten einen empirisch nachgewiesenen wirksamen Beitrag zur Rückfallprävention bei Personen mit moderat bis hoch ausgeprägtem Risikopotential. Verschiedene Kantone bieten unterschiedliche Lernprogramme u.a. im Rahmen von häuslicher Gewalt, Strassenverkehrsdelikten, Training sozialer Kompetenzen, Sexual- oder Gewaltdelikten an.   
Staatsanwaltschaften und Gerichte sowie die Vollzugsbehörden können Personen zur Teilnahme an einem Lernprogramm verpflichten, z.B. im Rahmen einer Weisung, einer Ersatzmassnahme, eines Strafbefehls oder eines Urteils. 

FR: Programme d’apprentissage

IT: Programma di apprendimento

Massnahmen für junge Erwachsene

Bei der Massnahme für junge Erwachsene nach Art. 61 StGB handelt es sich um eine stationäre therapeutische Massnahme für junge Personen, die zum Tatzeitpunkt bereits volljährig waren und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Person kann in eine Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen werden, wenn zudem:  

  • eine erhebliche Störung der Persönlichkeitsentwicklung vorliegt;
  • das begangene Verbrechen oder Vergehen mit der Störung der Persönlichkeitsentwicklung in Zusammenhang steht und
  • zu erwarten ist, dass sich mit der Einweisung in eine Einrichtung für junge Erwachsene der Gefahr weiterer Straftaten begegnen lässt.  

Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug beträgt höchstens vier Jahre. Er darf im Fall der Rückversetzung nach bedingter Entlassung die Höchstdauer von sechs Jahren nicht überschreiten. In jedem Fall muss die Massnahme aufgehoben werden, wenn die straffällige Person das 30. Lebensjahr vollendet hat.  

Die Massnahme für junge Erwachsene nach Art. 61 StGB hat zum Ziel, der Lebens- und Entwicklungsphase der 18- bis 25-Jährigen mit einer altersgerechten Sanktion Rechnung zu tragen. Dazu werden sie in spezielle Institutionen eingewiesen, die sozialpädagogisch und therapeutisch ausgerichtet sind und innerhalb der Institution Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten, die nach Beendigung der Massnahme den Einstieg ins Berufsleben erleichtern sollen. 

FR: Mesures applicables aux jeunes adultes

IT: Misure per i giovani adulti

Medien

Alle grösseren Institutionen des Freiheitsentzugs verfügen über Mediatheken mit Zeitschriften, Büchern, DVDs und CDs in verschiedenen Sprachen. Computer und Radio-/TV-Geräte können gemietet werden, der Internetzugang in der eigenen Zelle ist jedoch zumeist aus Sicherheitsgründen untersagt. Die meisten Institutionen bieten jedoch einen kontrollierten bzw. begleiteten Zugang zum Internet an (z.B. in einem PC-Raum) an.  

Eingewiesene Personen haben nebst der Nutzung der von der Einrichtung zur Verfügung gestellten Medien auch die Möglichkeit, auf eigene Rechnung Zeitungen und Zeitschriften zu abonnieren oder CD zu bestellen, sofern diese keine rechtswidrigen (z. B. rassistischen) Inhalte aufweisen.  

FR: Médias

IT: Mezzi di comunicazione

Milieutherapie

Wird in einer Institution milieutherapeutisch gearbeitet, bedeutet dies, dass der Alltag innerhalb der Wohngruppe oder Abteilung bewusst für therapeutische Veränderungsprozesse genutzt wird. Hierfür «ergänzt die Milieutherapie therapeutische Sitzungen im Einzel- und Gruppensetting, indem deliktpräventive Inhalte, die in der Therapiestunde bearbeitet wurden, unter engmaschiger (milieu-)therapeutischer Beobachtung, Begleitung und mittels gezielter Förderung im Gruppensetting oder im anstaltsinternen Gewerbe vertieft, praktisch umgesetzt und damit geübt werden können.» (Noll, Graf, Stürm, Urbaniok (Hrsg.) Anforderungen an den Vollzug stationärer Massnahmen in einer geschlossenen Strafanstalt nach Art. 59 Abs. 3 StGB, 2008). 

FR: Milieu-thérapie (aussi thérapie par le milieu)

IT: Milieu Therapy (anche “terapia ambientale” o “terapia contestuale”)

Normalvollzug

Der Normalvollzug ist die Grundform des Sanktionenvollzugs und bedeutet, dass die verurteilte Person ihre Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in einer geschlossenen oder offenen Vollzugseinrichtung verbringt (Art. 77 StGB). Er findet in der Regel in Form des Gruppenvollzugs statt, d.h. die Eingewiesenen leben in Einzelzellen in einer Wohngruppe mit anderen zusammen.

In grösseren Einrichtungen gibt es Spezialabteilungen für Personen mit spezifischen Bedürfnissen (sog. Spezialvollzug). In diesen sind besondere Betreuungsangebote und eine intensivere Begleitung möglich. Auch die Sicherheitsvorkehrungen können dem Bedarf angepasst werden oder es können anderweitig besondere Regelungen (z. B. kürzere Arbeitszeiten) gelten. Beispiele von Abteilungen für den Spezialvollzug sind: Mutter-Kind-Wohngruppe, Abteilung für ältere Personen (z.B. „60+“), Eintrittsabteilung.  

FR: Exécution ordinaire

IT: Esecuzione ordinaria

Passive Sicherheit

Die Sicherheit während des Freiheitsentzugs besteht aus drei Dimensionen: der prozeduralen, der passiven und der dynamischen Sicherheit. Die passive Sicherheit bezieht sich auf die baulichen und technologischen Bestandteile einer Institution des Freiheitsentzugs, um z.B. das Fluchtrisiko zu verringern.

FR: Sécurité passive

IT: Sicurezza passiva

PLESORR

Das Projekt PLESORR (Processus latin d’exécution des sanctions orientées sur les risques et les ressources) hat zum Ziel, folgenden vier Phasen des Sanktionenvollzugs zu standardisieren:  

  • Triage der eingehenden Dossiers
  • Analyse und Abklärung ausgewählter Dossiers
  • Planung des Vollzugs
  • Fallführung

Dieser ab 2025 in allen lateinischen Kantonen geplante Prozess soll durch eine gemeinsame Terminologie, Instrumente, Definitionen und Dokumente, die Qualität und Effizienz des Straf- und Massnahmenvollzugs sowie die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen verbessern. Die Kantone der Deutschschweiz arbeiten mit ROS.

Weitere Infos auf: PLESORR – La Conférence latine des Chefs des Départements de justice et police

FR: PLESORR

IT: PLESORR

Prognose

Prognosen sind wissenschaftliche Wahrscheinlichkeitsaussagen von qualifizierten Sachverständigen. Sie beschreiben die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines zukünftigen Ereignisses.  
Im Zusammenhang mit beschuldigten oder verurteilten Personen wird eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit vorgenommen, mit der eine bestimmte Person unter bestimmten Voraussetzungen in einem bestimmten Zeitraum weitere Straftaten begeht (Legalprognose). In der Praxis wird u.a. unterschieden zwischen Behandlungs-, Lockerungs- und Entlassungsprognosen. Diese Prognosen beziehen die Gerichte und Vollzugsbehörden in ihrer Entscheidungsfindung ein, um das Eintreten des prognostizierten unerwünschten Ereignisses (z.B. eines Rückfalls) bestmöglich zu verhindern. 

  • Behandlungsprognose: Die Vorhersage der Wahrscheinlichkeit, dass eine Therapie das Risiko für die erneute Begehung einer Straftat massgeblich verringern kann. 
  • Lockerungsprognose: Die Vorhersage der Wahrscheinlichkeit einer Entweichung, der Begehung einer Straftat oder eines anderen Verstosses im Rahmen einer konkreten Lockerung des Vollzugs (wie z.B.  eines Urlaubs oder eines Übertritts in das Arbeitsexternat). 
  • Entlassungsprognose: Die Vorhersage der Wahrscheinlichkeit der Bewährung nach der bedingten Entlassung. 

FR: Pronostic

IT: Prognosi

Progressiver Sanktionenvollzug

Der Straf- und Massnahmenvollzug erfolgt in der Schweiz grundsätzlich im Rahmen zeitlich aufeinanderfolgender Stufen. Man spricht dabei von progressivem Vollzug oder Stufenvollzug. Durch die Gewährung von Vollzugsöffnungen durchläuft die eingewiesene Person eine Stufe nach der anderen und kann sich auf diese Weise in immer grösser werdenden Freiräumen bewähren. Dadurch wird die soziale Reintegration schrittweise gefördert und gleichzeitig einer allfälligen Überforderung entgegengewirkt. Vom Antritt der Strafe oder Massnahme bis zum Vollzugsende durchläuft die eingewiesene Person typischerweise folgende Vollzugsstufen: Grafik progressiver Vollzug

Sowohl im Straf- als auch im Massnahmenvollzug hängt die Gewährung von Progressionen von einer positiven Lockerungsprognose ab. Im Strafvollzug ist die Prüfung zusätzlich an zeitliche Vorgaben gebunden. Im Massnahmenvollzug entfallen diese zeitlichen Vorgaben. Vollzugslockerungen werden entsprechend dem Therapiefortschritt geprüft. 

FR: Système progressif d’exécution des sanctions pénales

IT: Sistema progressivo di esecuzione delle sanzioni penali

Prozedurale Sicherheit

Die Sicherheit während des Freiheitsentzugs besteht aus drei Dimensionen: der prozeduralen, der passiven und der dynamischen Sicherheit. Die prozedurale Sicherheit umfasst die Prozesse und Vor-gehensweisen bei der Ausübung der täglichen Aufgaben sowie in Krisensituationen (zum Beispiel Vorgehen bei Warenkontrolle).

FR: Sécurité procédurale

IT: Sicurezza procedurale

Radio und Fernsehen

Eingewiesene haben grundsätzlich das Recht, Radio- und Fernsehsendungen zu empfangen. In den meisten Anstalten stehen den Eingewiesenen in den Zellen Radio- und Fernsehgeräte zur Verfügung, welche diese kaufen oder mieten können. Der temporäre Entzug von Radio und Fernseher stellt vielerorts eine Disziplinarmassnahme dar.

FR: Radio et télévision

Religionsfreiheit und Religionsausübung

Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist ein Grundrecht (Art. 15 BV) und darf nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden (Art. 36 BV). Praktiken der Religionsausübung, wie z.B. regelmässige Gottesdienste, Ramadan oder Weihnachten, werden für jede zahlenmässig erhebliche Gruppe Rechnung getragen, solange diese die interne Sicherheit und Ordnung nicht gefährden.

Seelsorgende unterstehen der Geheimhaltungspflicht (Art. 321 StGB), bieten Einzel- und Gruppengespräche an und führen regelmässig Gottesdienste und Zeremonien durch. 

FR: Liberté de conscience et de croyance

IT: Libertà di credo e di coscienza

Restaurative Justiz

Die Restaurative Justiz kann als Ergänzung oder Alternative zur traditionellen Strafjustiz gelten. Sie kann grundsätzlich in jeder Phase des Straf- und Vollzugsprozesses eingesetzt werden. Die Restaurative Justiz unterscheidet sich in mehreren Aspekten von der traditionellen Justiz:  Es geht um den Dialog und die Aufarbeitung des Erlebten zwischen Täterpersonen und den von der Tat betroffenen Personen sowie deren jeweiligen Bedürfnisse, begleitet durch eine speziell dafür ausgebildete Person. Darüber hinaus geht es darum, allen Personen (Opfer, Personen aus dem sozialen Umfeld des Opfers und Vertreter und Vertreterinnen der Gemeinschaft) die Möglichkeit zu geben sich aktiv im Umgang mit aus einer Straftat resultierenden Auswirkungen zu beteiligen. 
Die Restaurative Justiz kann verschiedene Formen annehmen, wobei für die Umsetzung mehrere Standards gelten, wie die absolute Freiwilligkeit, die Vertraulichkeit, die psychologische und physische Sicherheit der Protagonistinnen und Protagonisten.

Die Ziele der Restaurativen Justiz gemäss der UNO: 

  • Die Opfer zu unterstützen, ihnen eine Stimme zu geben, ihre Beteiligung zu ermöglichen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen;
  • Ordnung und Frieden in der Gesellschaft wiederherzustellen und beeinträchtigte Beziehungen zu verbessern oder zu heilen;
  • Kriminelles Verhalten anprangern;
  • Alle Beteiligten zur Übernahme von Verantwortung zu ermutigen, insbesondere die tatverantwortliche Person;
  • Restaurative, zukunftsorientierte Ergebnisse zu ermitteln;
  • Rückfälle vorbeugen, indem die persönliche Veränderung der Tatverantwortlichen und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft gefördert wird. 

FR: Justice restaurative

IT: Giustizia riparativa

Risikobeurteilung

Risikobeurteilungen haben in der forensischen Praxis eine grosse Bedeutung. Sie können dabei unterstützen, die Sanktionsart und die Sicherheitsstufe bezüglich Unterbringung festzulegen, die Vollzugs- und Therapieplanung vorzunehmen als auch die Lockerungen, die Entlassung und die Nachsorge auszugestalten. Dabei wird eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit vorgenommen, mit der eine bestimmte Person unter bestimmten Voraussetzungen in einem bestimmten Zeitraum weitere Straftaten begeht (Legalprognose). Hierfür ergänzen unterschiedliche Risikoprognoseinstrumente (sog. Risk-Assessment-Tools) die klinische Beurteilung der forensischen Fachperson.

FR: Évaluation des risques

IT: Valutazione dei rischi

ROS

ROS (Risikoorientierter Sanktionenvollzug) ist ein durchgängiger Prozess in vier Schritten (Triage, Abklärung, Planung und Verlauf), welcher auf bewährten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert. Über alle Vollzugsphasen hinaus ermöglicht er den beteiligten Arbeitspartnern eine systematische Risikoeinschätzung, Interventionsplanung und -durchführung sowie Evaluation auf Basis eines gemeinsamen Fallverständnisses und gestützt auf standardisierte Arbeitsinstrumente. 
Mit ROS werden mehrere Ziele verfolgt, darunter: 

  • Risikosensibilisierung aller Beteiligten,
  • Reduktion der Rückfälligkeit während und nach dem Vollzug,
  • Stärkung der Ressourcen der Personen, die sich in der Obhut der Justiz befinden,
  • Qualitäts- und Effizienzsteigerung im Vollzug,
  • Verbesserung der Zusammenarbeit aller involvierten Stellen. Seit dem Jahr 2018 arbeiten alle Deutschschweizer Kantone nach diesem Prozess. Die Kantone des lateinischen Konkordats arbeiten seit 2025 mit PLESORR.

Für weiterführende Informationen siehe www.rosnet.ch 

FR: ROS

IT: ROS

Sicherheitshaft

Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und:  

  • der Rechtskraft des Urteils;  
  • dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion;  
  • dem Vollzug der Landesverweisung oder  
  • der Entlassung.  

Die Sicherheitshaft löst die Untersuchungshaft ab, wenn nach Anklageerhebung die Haftgründe weiter bestehen oder neu hinzukommen. 

FR: Détention pour des motifs de sûreté

IT: Carcerazione di sicurezza

Stationäre therapeutische Massnahmen

Eine stationäre therapeutische Massnahme wird angeordnet, wenn eine Strafe allein nicht geeignet ist, um die verurteilte Person von weiteren Taten abzuhalten, hierfür jedoch eine ambulante Behandlung nicht ausreicht (Art. 56 StGB). Die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme setzt einen gewissen Schweregrad der psychischen Störung voraus.

Es existieren drei Formen von stationären therapeutischen Massnahmen:  

Die stationäre Behandlung erfolgt in einer geeigneten forensisch-psychiatrischen Klinik oder in einer Massnahmenvollzugseinrichtung. Solange die Gefahr besteht, dass die Person flieht oder weitere Straftaten begeht, wird sie in einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Sie kann auch in einer geschlossenen Justizvollzugsanstalt oder geschlossenen Abteilung einer offenen Justizvollzugsanstalt (Art. 76 StGB) behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist. Die Behandlung erfolgt durch therapeutische Fachpersonen im Rahmen von Einzel-, Gruppen- und Milieutherapie. 

FR: Mesures thérapeutiques institutionnelles

IT: Misure terapeutiche stazionarie

Straf- und Massnahmenvollzug

Für den Straf- und Massnahmenvollzug sind die Kantone zuständig (Art. 123 Abs. 2 BV). Verurteilte Erwachsene werden durch die zuständige Vollzugsbehörde in die geeigneten Institutionen zum Vollzug der richterlich ausgesprochenen Strafe oder Massnahme eingewiesen. Frauen und Männer sind dabei grundsätzlich getrennt unterzubringen.

Freiheitsstrafen

Freiheitsstrafen werden in offenen oder geschlossenen Institutionen vollzogen. Kriterium für die entsprechende Einweisung ist die Beurteilung der Flucht- und Rückfallgefahr (Art. 76 StGB).

Massnahmen

Personen, bei denen eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 – 61 StGB angeordnet wurde, werden in spezialisierte Institutionen eingewiesen. In der Regel sind dies Massnahmevollzugseinrichtungen, forensische Kliniken oder Suchthilfeeinrichtungen. Die Einweisung in Justizvollzugsanstalten ist nur möglich, wenn diese eine ausreichende therapeutische Betreuung sicherstellen.
Die Verwahrung wird hingegen oft in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen.

FR: Exécution des peines et mesures

Strafen – Übersicht

Synonym: Strafart

Eine Strafe wird verhängt, wenn jemand schuldhaft eine durch das Gesetz unter Strafe gestellte Tat begeht. Das Gesetz unterscheidet zwischen:

Übertretungen: Busse

Übertretungen (Art. 103 StGB) werden stets mit Busse bestraft. Die Höhe der Busse bemisst sich nach dem Verschulden der Person und ihrer finanziellen Situation. Im Maximalfall beträgt sie CHF 10'000.–.

Verbrechen und Vergehen: Geldstrafe, Freiheitsstrafe

Verbrechen und Vergehen (Art. 10 StGB) werden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bestraft.
Ein Verbrechen liegt vor, wenn eine Tat begangen wurde, die im StGB mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht ist.
Von einem Vergehen spricht man dann, wenn für eine Tat eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe angedroht wird.

Unbedingt – teilbedingt – bedingt

Eine Busse kann nur unbedingt ausgesprochen werden.
Eine Geldstrafe kann unbedingt oder bedingt ausgesprochen werden.
Eine Freiheitsstrafe kann unbedingt, teilbedingt oder bedingt ausgesprochen werden.

FR: Peines – aperçu

Strafrechtliche Sanktionen

Es existieren in der Schweiz zwei Gruppen von strafrechtlichen Sanktionen:

Das Schweizer Strafrecht kennt ein System mit Strafen und Massnahmen (sog. dualistisch-vikariierendes System). Das bedeutet konkret, dass das Gericht eine Strafe, eine Massnahme oder eine Strafe und eine Massnahme verhängen kann. Spricht das Gericht sowohl eine Freiheitsstrafe als auch eine therapeutische Massnahme nach Art. 59-61 StGB aus, so geht der Vollzug der Massnahme der Strafe voraus (Art. 57 Abs. 2 StGB). Spricht das Gericht eine sichernde Massnahme nach Art. 64 StGB aus (Verwahrung), so wird diese erst nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe vollzogen.  

FR: Sanctions pénales

IT: Sanzioni penali

Strafvollzugskonkordat

Die Kantone haben sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben des Straf- und Massnahmenvollzugs zu drei regionalen Strafvollzugskonkordaten zusammengeschlossen. Der Zusammenschluss führt zu einer einheitlichen Auffassung und Handhabung wichtiger Themen des Vollzugsalltags und ermöglicht den Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den Mitgliederkantonen innerhalb des Konkordats (www.konkordate.ch).

Es existieren die folgenden Strafvollzugskonkordate:

  • Ostschweizer Strafvollzugskonkordat bestehend aus den Kantonen AI, AR, GL, GR, SH, SG, TG, ZH
  • Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz bestehend aus den Kantonen AG, BE, BL, BS, LU, NW, OW, SO, SZ, UR, ZG  
  • Strafvollzugskonkordat der Lateinischen Schweiz bestehend aus den Kantonen FR, GE, JU, NE, VD, VS, TI 

FR: Concordat d’exécution des peines

IT: Concordato d’esecuzione delle pene

Suchtbehandlung

Das Gericht kann eine stationäre Behandlung nach Art. 60 StGB anordnen, wenn die Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit ihrer Abhängigkeit in Zusammenhang steht, und wenn angenommen werden kann, dass diese Behandlung sie davon abhält, weitere Straftaten in Zusammenhang mit dieser Abhängigkeit zu begehen.  

Die Behandlung erfolgt in einer spezialisierten Einrichtung oder, wenn nötig, in einer psychiatrischen Klinik.

Der mit einer stationären Suchtbehandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens drei Jahre. Das Gericht kann die Massnahme einmalig auf Antrag der Vollzugsbehörde um ein weiteres Jahr verlängern. Im Fall der Verlängerung und der Rückversetzung nach der bedingten Entlassung darf die Höchstdauer von insgesamt sechs Jahren nicht überschritten werden. 

FR: Traitement des addictions

IT: Trattamento della tossicodipendenza

Teilbedingte Freiheitsstrafe

Bei Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren ist ein teilweiser Aufschub des Vollzugs durch das Gericht möglich. Dies bedeutet, dass nur ein Teil der Freiheitsstrafe vollzogen wird, sog. teilbedingte Strafe (Art. 43 Abs. 1 StGB). Der restliche Teil wird vorläufig aufgeschoben. Es wird eine Probezeit bestimmt und ggf. Bewährungshilfe angeordnet und Weisungen erteilt.  

Weitere Voraussetzungen, die eine teilbedingte Strafe zulassen:  

  • Notwendigkeit, um dem Verschulden der Täterperson genügend Rechnung zu tragen;
  • der unbedingt zu vollziehende Teil darf die Hälfte der angeordneten Freiheitsstrafe nicht übersteigen;
  • beide Teile müssen mindestens sechs Monate betragen.

Die Bestimmungen über die Gewährung der bedingten Entlassung (Art. 86 StGB) sind auf den unbedingt zu vollziehenden Teil nicht anwendbar. 

FR: Peine privative de liberté avec sursis partiel

IT: Pena detentiva con condizionale parziale

Therapeutische und sichernde Massnahmen

Art. 56 ff. StGB

Voraussetzungen

Eine therapeutische oder eine sichernde Massnahme wird angeordnet, wenn:

  • eine Strafe allein nicht genügt, um den Täter / die Täterin von weiteren Straftaten abzuhalten;
  • ein Behandlungsbedürfnis des Täters / der Täterin besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert; und
  • die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anordnung einer Massnahme erfüllt sind.

Dabei gilt es folgende Punkte zu beachten:

  • Die Anordnung einer Massnahme erfordert stets, dass ein psychiatrisches Gutachten eingeholt wird, das sich zu den Behandlungsmöglichkeiten und -chancen sowie zur Rückfallgefahr des Täters / der Täterin äussert.
  • Die Massnahme darf nicht unverhältnismässig sein mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten.
  • Die Massnahme darf nur solange aufrechterhalten bleiben, als die genannten Voraussetzungen bestehen.

Formen

Man unterscheidet zwischen therapeutischen sowie sichernden Massnahmen:

Therapeutische Massnahmen
  • Stationäre therapeutische Massnahmen
    – Behandlung von psychischen Störungen
    – Suchtbehandlung
    – Massnahmen für junge Erwachsene
  • Ambulante Behandlung
Sichernde Massnahmen
  • Ordentliche Verwahrung
  • Lebenslängliche Verwahrung

Siehe auch: andere Massnahmen

FR: Mesures thérapeutiques et de sécurité

Unbedingte Strafe

Personen, die ein Gericht zu einer unbedingten Strafe (Freiheitsstrafe oder Geldstrafe) verurteilt hat, müssen die Strafe antreten und diese vollständig verbüssen. Die Busse kann nur unbedingt ausgesprochen werden und muss bezahlt werden. 

FR: Peine ferme

IT: Pena senza condizionale

Untersuchungshaft

Wird eine Person einer Straftat verdächtigt, kann das Zwangsmassnahmengericht Untersuchungshaft (Art. 220-240 StPO) anordnen. Die Untersuchungshaft ist das stärkste und einschneidendste Mittel, das den Strafverfolgungsbehörden zur Sicherung des Verfahrens zusteht (ultima ratio).

Für die Anordnung der Untersuchungshaft gelten die folgenden Voraussetzungen (Art. 221 Abs. 1 StPO):  

  • Vorliegen eines dringenden Tatverdachts (Verbrechen oder Vergehen)
  • und ernsthafte Befürchtung, dass die betroffene Person  
    a) flüchtet; 
    b) Personen oder Beweismittel beeinflusst; oder  
    c) durch ein Verbrechen oder schweres Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie be.   reits früher gleichartige Straftaten verübt hat.

Ausnahmen sind in Art. 221 Abs. 1bis StPO festgehalten.

Untersuchungshaft ist zudem zulässig, wenn eine ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Art. 221 Abs. 2 StPO)  

Während der Untersuchungshaft gilt die Unschuldsvermutung.

Die Untersuchungshaft kann bis zum Eingang der Anklage beim erstinstanzlichen Gericht andauern, sofern kein vorzeitiger Straf- oder Massnahmenantritt oder die Entlassung angeordnet wird. 

FR: Détention provisoire

IT: Carcerazione preventiva

Urlaub

Urlaube sind Vollzugslockerungen. Sie sind gemäss Art. 84 Abs. 6 StGB der inhaftierten Person zur Pflege der Beziehungen zur Aussenwelt, zur Vorbereitung ihrer Entlassung oder aus besonderen Gründen in angemessenem Umfang zu gewähren, soweit ihr Verhalten im Strafvollzug dem nicht entgegensteht und keine Gefahr besteht, dass sie flieht oder weitere Straftaten begeht.  

Diese Bestimmung gilt im Massnahmenvollzug sinngemäss (Art. 90 Abs. 4 StGB). Im kantonalen Recht und in den konkordatlichen Richtlinien werden die Begriffe Urlaub, Ausgang und «Conduite» (lateinisches Konkordat) unterschieden. Diese Unterscheidungen beziehen sich insbesondere auf die Ausgestaltung und Dauer der Vollzugsöffnung.  

Ausgänge und Urlaube sind sowohl in die Vollzugsplanung wie auch in den Vollzugsplan aufzunehmen und sind Teil des progressiven Sanktionenvollzugs. Nach Prüfung des Antrags auf Urlaub oder Ausgang der inhaftierten Person entscheidet die Vollzugsbehörde über die Bewilligung und die Ausgestaltung des Urlaubs oder des Ausgangs. Diese Entscheidungskompetenz kann auch an die Leitung der Einrichtung delegiert werden.  

In der Deutschschweiz kann der Antrag frühestens nach Verbüssung von 1/3 (im offenen Vollzug) bzw. 1/6 (im geschlossenen Vollzug) der Strafdauer bewilligt werden. Im lateinischen Konkordat ist die Gewährung von Urlaub sowohl im geschlossenen als auch im offenen Vollzug nach Verbüssung von 1/3 der Strafdauer möglich. Im Massnahmenvollzug werden Urlaube gemäss dem individuellen Therapiefortschritt gewährt.  

FR: Autorisations des sortie

IT: Autorizzazioni d’uscita

Verwahrung

Als sog. sichernde Massnahme dient die Verwahrung - im Gegensatz zu den therapeutischen Massnahmen - nicht in erster Linie der Behandlung der verurteilten Person, sondern dem Schutz der Öffentlichkeit vor der Begehung weiterer schwerer Straftaten. Die Verwahrung ist aufgrund der Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit stets ultima ratio: Sie darf nur angeordnet werden, wenn eine Freiheitsstrafe oder therapeutische Massnahme nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten der Person zu begegnen und es sich um eine Katalogtat (z.B. Mord, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung) gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB handelt.

Die ausgesprochene Freiheitsstrafe wird vorabvollzogen, d. h. der Vollzug der Verwahrung erfolgt erst nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe.

Die Verwahrung wird erstmals nach zwei Jahren, danach jährlich überprüft. Eine bedingte Entlassung ist – wie auch die Gewährung von anderen Vollzugslockerungen – möglich, jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft (siehe bedingte Entlassung). 

FR: Internement

IT: Internamento

Vollzugsbehörde

Die Regelung der Zuständigkeit zur Vollstreckung von freiheitsentziehenden Urteilen ist in den Kantonen sehr unterschiedlich. Faktisch ist in allen Kantonen eine dem entsprechenden Departement (Justiz- und Polizei- oder Sicherheitsdepartement) untergeordnete administrative Behörde als Vollzugsbehörde eingesetzt, die für den Vollzug von Urteilen zuständig ist. Die Vollzugsbehörden haben die sog. Vollzugskompetenz. Sie erlassen die für den Vollzug des Urteils erforderlichen Verfügungen und treffen die dafür erforderlichen Anordnungen. Die Kantone Genf, Tessin, Waadt und Wallis verfügen zudem über spezialisierte Straf- und Massnahmenvollzugsgerichte oder Straf- und Massnahmenvollzugsrichter (Tribunal oder Juge d’application des peines), die einen Teil der behördlichen administrativen Aufgaben übernehmen und z.B. Entscheide über Vollzugslockerungen treffen. 

FR: Autorité d’exécution

IT: Autorità di esecuzione

Vollzugsformen der Freiheitsstrafe – Übersicht

Synonym: Vollzugsarten

Der Vollzugsbehörde stehen beim Vollzug einer Freiheitsstrafe verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

Normalvollzug

  • Normalvollzug
  • Einzelhaft

Besondere Vollzugsformen

  • Halbgefangenschaft
  • Electronic Monitoring
  • Gemeinnützige Arbeit

Abweichende Vollzugsformen

Abweichende Vollzugsformen gemäss Art. 80 StGB sind möglich für Eingewiesene mit Gesundheitsproblemen, bei Schwangerschaft und Geburt oder für Mütter mit Kleinkindern.

Mehr zum Thema Vollzug

FR: Formes d’exécution d’une peine privative de liberté – aperçu

Vollzugsgrundsätze

Der Artikel 74 StGB nennt für den Straf- und Massnahmenvollzug zwei Grundsätze:  
1.    Die Menschenwürde der inhaftierten Person ist zu achten. 
2.    Die Rechte der inhaftierten Person dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. 
Gemäss Art. 75 Abs. 1 StGB hat der Strafvollzug das soziale Verhalten zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben. Der Strafvollzug hat demnach:

  • den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen (Normalisierungsprinzip); 
  • die Betreuung der Gefangenen zu gewährleisten (Fürsorgepflicht); 
  • den schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken (Entgegenwirkungsprinzip); 
  • dem Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugspersonals und der Mitgefangenen angemessen Rechnung zu tragen (Sicherungsprinzip)

Der Europarat hat in der “Empfehlung des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über die europäischen Strafvollzugsgrundsätze” Mindestgrundsätze verabschiedet, welche für die Schweiz als Mitgliedstaat ebenfalls gelten. Im Gegensatz zum Artikel 75 StGB gelten diese für alle Formen des Freiheitsentzugs.

FR: Principes de l’exécution des peines et mesures

IT: Principi relativi all’esecuzione delle pene e delle misure

Vollzugsöffnungen

Vollzugsöffnungen sind Lockerungen im Sanktionvollzug wie z.B. ein Urlaub oder die Versetzung in den offenen Vollzug. Nicht als Vollzugsöffnungen gelten beispielsweise: polizeiliche Zuführungen von inhaftierten Personen (z.B. zu Befragungen, Arztterminen) und Transporte (siehe Art. 4, Richtlinie betreffend die Ausgangs- und Urlaubsgewährung, Strafvollzugskonkordat NWI-CH, Art. 5 des «Règlement du 31 octobre 2013 concernant l’octroi d’autorisations de sortie aux personnes condamnées adultes et jeunes adultes» des lateinischen Konkordats). 
Vollzugsöffnungen sollen den Bezug zum gesellschaftlichen Leben aufrechterhalten und der Pflege des persönlichen sozialen Umfelds dienen. 
Die Kompetenz für die Planung und die Bewilligung von Vollzugsöffnungen liegt bei der Vollzugsbehörde. In gesetzlich vorgesehenen Fällen (vgl. Art. 75a StGB) muss die Kommission gemäss Art. 62d Abs.2 StGB beigezogen werden. 

Die Planung der Vollzugsöffnungen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Institutionsleitung sowie der betroffenen eingewiesenen Person (vgl. Art. 84 Abs. 6, Art. 90 Abs. 4 StGB). Die Bewilligung kann an die Institution delegiert werden. Die inhaftierte Person kann jederzeit einen Antrag auf Vollzugsöffnungen stellen. 

FR: Allégements dans l’exécution

IT: Alleggerimenti dell’esecuzione

Vollzugsplan

Der Vollzugsplan ist ein Planungsinstrument zwecks Wiedereingliederung und Rückfallprävention. Orientiert am individuellen Interventionsbedarfs ist die Institution in der Pflicht, mit der eingewiesenen Person individualisierte Vollzugsziele festzulegen und diese in einem Vollzugsplan festzuhalten. Zudem überprüft sie diese in regelmässigen Abständen und aktualisiert sie gegebenenfalls. Die Erstellung eines Vollzugsplans setzt eine aktive Mitarbeit der inhaftierten Person voraus. 
Im Strafvollzug enthält der Vollzugsplan namentlich Angaben über die angebotene Betreuung, die Arbeits- sowie die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Wiedergutmachung, die Beziehungen zur Aussenwelt und die Vorbereitung der Entlassung (Art. 75 Abs. 3 StGB). 
Im Massnahmenvollzug werden ergänzend Angaben zur Behandlung der psychischen Störung, der Abhängigkeit oder der Entwicklungsstörung der eingewiesenen Person sowie zur Vermeidung von Drittgefährdung gemacht (Art. 90 Abs. 2 StGB). 
Der Vollzugsplan ist zwischen der Einrichtung und der eingewiesenen Person auszuarbeiten und bedarf der regelmässigen Überprüfung und Anpassung entsprechend der eingetretenen Veränderungen bei der inhaftierten Person während des Vollzugsverlaufs (vgl. Art. 75 Abs. 3 StGB, Art. 90 Abs. 2 StGB). 

FR: Plan d’exécution

IT: Piano di esecuzione

Vollzugsplanung

Die Planung des gesamten Vollzugs einer Sanktion liegt in der Zuständigkeit der Vollzugsbehörde. Dazu legt sie in enger Absprache mit der jeweiligen Einrichtung und der betroffenen Person fest, wie der progressive Sanktionenvollzug ausgestaltet sein soll. Unter Einbezug der Prognose, Rückfallgefahr und Möglichkeiten zur Wiedereingliederung wird in der Vollzugsplanung festgehalten, welche Vollzugsöffnungen zu welchem Zeitpunkt angestrebt werden können.  
 

FR: Planification de l’exécution

IT: Pianificazione dell’esecuzione

Vorbereitungshaft

Die Vorbereitungshaft (Art. 75 AIG) ist eine Form der Administrativhaft. Sie dient dazu, ausländische Staatsangehörige ohne Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung für die Dauer des Entscheidverfahrens über ihre Wegweisung oder eventuelle Landesverweisung im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens festzuhalten. Die Person wartet in Haft auf den Entscheid der Behörden.

FR: Détention en phase préparatoire

IT: Carcerazione preliminare

Vorzeitiger Straf- und Massnahmenvollzug

Eine sich in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft befindende Person kann bei der Verfahrensleitung einen Antrag um einen vorzeitigen Antritt der Freiheitsstrafe oder der freiheitsentziehenden Massnahme stellen. Die Gewährung setzt voraus, dass das Untersuchungsverfahren fortgeschritten und die Beweislage weitgehend geklärt ist. Mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt tritt die beschuldige Person ihre Strafe oder Massnahme an und untersteht dem ordentlichen Vollzugsregime (Art. 236 Abs. 4 StPO). Damit wird ein Haftregime ermöglicht, welches z.B. hinsichtlich Arbeit, Beschäftigung, Freizeit oder Sozialkontakte besser auf die persönliche Situation und Bedürfnisse der Person zugeschnitten ist als in der Untersuchungshaft.  

Für die beschuldigte Person gilt im vorzeitigen Straf- oder Massnahmenvollzug die Unschuldsvermutung, da sie noch nicht von einem Gericht verurteilt wurde. 

FR: Exécution anticipée des peines et mesures

IT: Esecuzione anticipata delle pene e delle misure

Wiedereingliederung

Unter Wiedereingliederung wird grundsätzlich die Gesamtheit der Massnahmen verstanden, die darauf abzielen, einer Person nach dem Freiheitsentzug die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen und sie von der Verübung neuer Straftaten abzuhalten.

Im Sanktionenvollzug wird die Fähigkeit der straffällig gewordenen Person deliktfrei zu leben gefördert. Es wird gestützt auf Art. 75 und Art. 90 StGB und auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse interdisziplinär an den deliktrelevanten Themen der verurteilten Person gearbeitet. Folgende Punkte sind dabei essenziell:

  • Bearbeitung der individuellen Risikofaktoren und Förderung der Ressourcen während des gesamten Sanktionenvollzugs (Risiko- und Ressourcenorientierung)
  • Integration in die Gesellschaft (z.B. Aufrechterhalten oder Erlernen einer Tagesstruktur, Kontakte zur Aussenwelt, Arbeitsintegration, Umgang mit Finanzen, Zugang zu Bildung etc.) 

Gemäss den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen ist jeder Freiheitsentzug so zu gestalten, dass die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtert wird (Teil I Ziff. 6). Es sind aktuell Bestrebungen im Gang, auch die Untersuchungshaft verstärkt resozialisierend auszurichten.

FR: Réinsertion

IT: Reinserimento

Wohn- und Arbeitsexternat

Das Wohn- und Arbeitsexternat (sog. WAEX, Art. 77a Abs. 3 StGB) folgt im progressiven Sanktionenvollzug auf das Arbeitsexternat (sog. AEX). In dieser letzten Stufe vor der bedingten Entlassung wohnt und arbeitet die eingewiesene Person ausserhalb der Institution. Sie untersteht weiterhin der kantonalen Vollzugsbehörde bzw. der Institution und kann beim Verstoss gegen die Regeln zurückversetzt werden. Voraussetzung für ein WAEX ist, dass sie sich im Arbeitsexternat bewährt hat und über eine geeignete Unterkunft verfügt (auch Heime, therapeutisch geführte Wohngemeinschaften, Unterkunft bei der Familie sind möglich).  

Das WAEX ist je nach Strafvollzugskonkordat auf eine gewisse Dauer angelegt:

  • Ostschweizer Strafvollzugskonkordat «Richtlinien über die Gewährung des Arbeitsexternats und des Wohnexternats»: in der Regel nicht länger als vier Monate
  • Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz «Richtlinie betreffend den Vollzug des Arbeitsexternats und des Wohn- und Arbeitsexternats»: in der Regel drei bis zwölf Monate
  • Strafvollzugskonkordat der Lateinischen Schweiz «Beschluss über das Arbeitsexternat und das Arbeits- und Wohnexternat»: nicht länger als zwölf Monate 

FR: Logement et travail externes

IT: Lavoro e alloggio esterni