Glossar
Die bedingte Entlassung ist eine Möglichkeit, eine Person vorzeitig aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug zu entlassen, wobei sie für eine bestimmte Dauer einer Probezeit unterstellt. Während dieser Zeit kann sie mittels Unterstützungsmassnahmen (z.B. in Form von Bewährungshilfe oder Weisungen) weiter begleitet und kontrolliert werden.
1. Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe (Art. 86 Abs. 1 StGB):
- Zwei Drittel der Strafe und mind. drei Monate sind bereits verbüsst,
- das Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt eine Entlassung,
- es ist anzunehmen, die Person werde keine weiteren Verbrechen oder Vergehen begehen.
Die zuständige Behörde hat die bedingte Entlassung von Amtes wegen zum Zeitpunkt des 2/3 – Termins zu prüfen (bei kürzeren Freiheitsstrafen nach mind. drei Monaten). Sie holt hierzu einen Bericht der Institution des Freiheitsentzugs ein und hört die eingewiesene Person an. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 133 IV 201, E. 2.2) stellt die bedingte Entlassung die Regel und deren Verweigerung die Ausnahme dar.
Sind die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nicht erfüllt, verbleibt die eingewiesene Person im Vollzug. Die zuständige Behörde hat danach mindestens einmal jährlich neu zu prüfen, ob die bedingte Entlassung gewährt werden kann.
2. Voraussetzung für eine bedingte Entlassung aus der stationären therapeutischen Massnahme (Art. 62 StGB):
- Der Zustand der Person rechtfertigt es, dass ihr Gelegenheit gegeben wird, sich in Freiheit zu bewähren.
Gemäss der Rechtsprechung ist eine ausreichende Reduktion des Rückfallrisikos erforderlich. Das bedeutet, dass eine vollständige Heilung nicht notwendig ist, aber der Täter/die Täterin gelernt haben muss, mit seinen/ihren Defiziten umzugehen (BGE 137 IV 201, E. 1.2). Die Überprüfung der bedingten Entlassung aus der Massnahme erfolgt jährlich, wobei stets ein aktueller Therapieverlaufsbericht einzuholen ist und eine Anhörung der eingewiesenen Person erfolgen muss.
3. Voraussetzung für eine bedingte Entlassung aus der Verwahrung (Art. 64a StGB):
- Es ist zu erwarten, dass sich die Person in Freiheit bewährt.
Gemäss der Rechtsprechung muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich die verwahrte Person bewähren wird (BGE 142 IV 56, E. 2.4).
4. Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der lebenslänglichen Verwahrung (Art. 64c StGB)
Eine bedingte Entlassung aus der lebenslänglichen Verwahrung ist ausnahmsweise möglich, wenn:
- die Person infolge Alters,
- schwerer Krankheit oder
- aus einem anderen Grund für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt.
Der Vollzug einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe kann vorläufig aufgeschoben werden, falls das Strafmass zwei Jahre nicht übersteigt und eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter oder die Täterin von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 StGB). Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. Für die Dauer der Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen (Art. 44 StGB). Die Mehrheit der Strafen wird bedingt ausgesprochen.
Synonym: Die stationäre Behandlung psychischer Störungen wird oft als «kleine Verwahrung» bezeichnet. Diese Bezeichnung ist unzutreffend, da die Behandlung von psychischen Störungen nach Art. 59 StGB nicht auf unbestimmte Dauer angeordnet wird, sondern nach fünf Jahren gerichtlich überprüft werden muss. Zudem will sie – im Gegensatz zur Verwahrung – eine Reintegration der eingewiesenen Person und hat demgemäss einen progressiven Vollzug zum Ziel.
Zweck
Die Behandlung von psychischen Störungen dient der langfristigen Vermeidung weiterer Delikte durch psychisch schwer gestörte verurteilte Personen.
Voraussetzungen
Die Anordnung einer stationären Behandlung von psychischen Störungen verlangt die kumulative Beachtung folgender Voraussetzungen:
- Der Täter / die Täterin ist psychisch schwer gestört;
- der Täter / die Täterin hat ein Verbrechen oder Vergehen begangen, das mit dieser Störung zusammenhängt; und
- es besteht die Aussicht, dass sich die Gefahr neuer Straftaten durch die Behandlung verhindern lässt.
Vollzugsort
Die Behandlung von psychischen Störungen erfolgt in einer Massnahmenvollzugseinrichtung oder in einer psychiatrischen Einrichtung.
Dauer
Die Behandlung von psychischen Störungen dauert maximal fünf Jahre und ist jährlich zu überprüfen. Eine bedingte Entlassung ist zu gewähren, sobald sich die Legalprognose soweit verbessert hat, dass eine Freilassung verantwortbar erscheint. Sollte sich während des Vollzugs zeigen, dass eine längere Behandlung notwendig ist, kann das Gericht die Massnahme jeweils für maximal fünf Jahre verlängern.
Siehe auch: stationäre therapeutische Massnahmen, Suchtbehandlung, Massnahmen für junge Erwachsene
Für den Vollzug von kurzen Freiheitsstrafen bestehen nebst dem Normalvollzug, die folgenden besonderen Vollzugsformen: Halbgefangenschaft, Electronic Monitoring und Gemeinnützige Arbeit. Zentrales Anliegen der besonderen Vollzugsformen ist es, möglichen schädlichen Auswirkungen von Freiheitsstrafen entgegenzuwirken und das soziale Netzwerk als auch soziale Kompetenzen im Hinblick auf die Entlassung aus dem Strafvollzug zu erhalten oder aufzubauen. Besondere Vollzugsformen können bewilligt werden, wenn keine Flucht- oder Rückfallgefahr vorhanden ist. Zudem müssen weitere im Strafgesetzbuch festgehaltene Voraussetzungen erfüllt sein, wie beispielsweise die Einreichung eines Gesuchs oder der Nachweis eines bestimmten Beschäftigungsgrades.
FR: Formes particulières d’exécution de la peine privative de liberté
Gemäss Art. 84 Abs. 1 StGB haben inhaftierte Personen das Recht Besuche zu empfangen und mit Personen ausserhalb der Anstalt Kontakt zu pflegen. Jeder Besuch ist bewilligungspflichtig und jede Institution legt die Besuchszeiten während der Woche sowie die Anzahl möglicher Besuche fest. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die gewählten Zeitfenster es ermöglichen, dass auch Besuche von Kindern erfolgen können. Besuche können unter Umständen auch eingeschränkt werden (z.B. in Untersuchungshaft).
Die Bewährungshilfe hat den Auftrag, verurteilte Personen vor Rückfälligkeit zu bewahren und deren soziale Integration zu fördern. Mit den Methoden der sozialen Arbeit bietet der Bewährungshelfer/die Bewährunghelferin persönliche Beratung, Sozial- und Sachhilfe in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Bildung, Finanzen, Beziehungen, Freizeit, Gesundheit, Therapie an. Er/sie arbeitet delikt-, risiko- und ressourcenorientiert. Er/sie kontrolliert auch die Einhaltung behördlich verfügter Weisungen und Auflagen.
Bewährungshilfe kann angeordnet werden für Personen,
- die zu einer bedingten (Art. 42 StGB) oder teilbedingten (Art. 43 StGB) Strafe verurteilt werden;
- die aus dem Straf- (Art. 86 StGB) oder Massnahmenvollzug (Art. 62 Abs. 1, Art. 64a Abs.1 StGB) bedingt entlassen werden;
- die zu einer ambulanten Massnahme verurteilt werden (Art. 63 Abs. 2 StGB);
- die zu einem Tätigkeits-, Kontakt und Rayonverbot (Art. 67 ff. StGB) verurteilt werden;
- die Ersatzmassnahmen an Stelle der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft unterworfen sind (Art. 237 StPO).
Angeordnet wird die Bewährungshilfe von Staatsanwaltschaften, Gerichten oder Vollzugsbehörden.
Schliesslich kann die Bewährungshilfe auch auf freiwilliger Basis zur sozialen Betreuung der verurteilten Person beigezogen werden (Art. 96 StGB).
Die Bewährungshilfe ist in der Regel als spezialisierte Verwaltungsbehörde organisiert. Die Bewährungshilfe arbeitet eng mit unterschiedlichen Behörden und Fachstellen zusammen (z.B. Sozialdienste, Regionale Arbeitsvermittlung, IV-Stellen, psychologisch-psychiatrische Dienste, Familienberatung). Als Teil des Justizvollzugs ist sie verpflichtet, den Auftraggebern Bericht zu erstatten.
Wird die verurteilte Person aus dem Straf- oder Massnahmenvollzug bedingt entlassen, kann ihr seitens der zuständigen Behörde eine Begleitung durch die Bewährungshilfe während der Probezeit auferlegt werden.
Anwendungsgebiet
Dies gilt für die:
- bedingte Entlassung bei einer Freiheitsstrafe (Art. 87 Abs. 2 StGB)
- bedingte Entlassung bei einer stationären therapeutischen Massnahme (Art. 62 Abs. 3 StGB)
- bedingte Entlassung bei einer ordentlichen Verwahrung (Art. 64a Abs. 1 StGB)
Siehe auch: Bewährungshilfe
Der freie Briefverkehr zwischen der eingewiesenen Person und ihrer Rechtsvertretung muss gewährleistet sein und darf im Gegensatz zur Kommunikation mit anderen Adressatinnen und Adressaten weder kontrolliert noch unterbunden werden. Ausnahmen sind nur bei Missbrauch möglich. Analoge Regeln gelten für die Kommunikation mit Aufsichtsbehörden, Notaren und Vormündern.
In offenen Institutionen haben Eingewiesene während der arbeitsfreien Zeit in der Regel auf eigene Kosten freien Zugang zu Telefonkabinen. In geschlossenen Institutionen ist der private Telefonverkehr in Bezug auf Dauer und Häufigkeit oftmals eingeschränkt.
Die Kontakte nach aussen via Brief- oder Telefonverkehr können kontrolliert und zum Schutz der Ordnung in der Vollzugsinstitution beschränkt oder untersagt werden. Einschränkungen unterliegen jedoch stets einer Rechtsgüterabwägung.
Die Bundesverfassung bestimmt in Art. 123 Abs. 2 BV, dass grundsätzlich die Kantone für den Straf- und Massnahmenvollzug zuständig sind. Allerdings kann der Bund Vorschriften für den Straf- und Massnahmenvollzug erlassen. Von dieser Kompetenz hat der Bund bislang nur teilweise Gebrauch (z.B. Art. 74 ff. StGB) gemacht. Diese Situation führt dazu, dass es in den Kantonen verschiedene Gesetze und Verordnungen hinsichtlich der Umsetzung des Straf- und Massnahmenvollzugs gibt. Die verschiedenen Regelungen auf unterschiedlichen Normstufen sind ein charakteristisches Merkmal für den schweizerischen Sanktionenvollzug.
FR: Bases légales fédérales et cantonales de l’exécution des peines et mesures
IT: Basi giuridiche federali e cantonali per l’esecuzione delle pene e delle misure
Bussen werden bei Übertretungen ausgesprochen (Art. 103 StGB). Die Busse bedeutet eine Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags (i.d.R. max. CHF 10'000.– gemäss Strafgesetzbuch) an den Staat. Sie wird immer unbedingt ausgesprochen. Für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, spricht das Gericht eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten aus (Art. 106 StGB).