Vollzug
Für den Straf- und Massnahmenvollzug sind die Kantone zuständig (Art. 123 Abs. 2 BV). Die strafrechtlichen Sanktionen werden in unterschiedlichen Settings vollzogen.
Vollzugsorte / Haftformen
Straf- und Massnahmenvollzug
Verurteilte Erwachsene werden durch die zuständige Vollzugsbehörde in die geeigneten Institutionen zum Vollzug der richterlich ausgesprochenen Strafe oder Massnahme eingewiesen. Frauen und Männer sind dabei grundsätzlich getrennt unterzubringen.
Freiheitsstrafen
Freiheitsstrafen werden in offenen oder geschlossenen Institutionen vollzogen. Kriterium für die entsprechende Einweisung ist die Beurteilung der Flucht- und Rückfallgefahr (Art. 76 StGB).
Massnahmen
Personen, bei denen eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 – 61 StGB angeordnet wurde, werden in spezialisierte Institutionen eingewiesen. In der Regel sind dies Massnahmevollzugseinrichtungen, forensische Kliniken oder Suchthilfeeinrichtungen. Die Einweisung in Justizvollzugsanstalten ist nur möglich, wenn diese eine ausreichende therapeutische Betreuung sicherstellen. Die Verwahrung wird hingegen oft in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen.
Untersuchungs- und Sicherheitshaft
Untersuchungs- und Sicherheitshaft werden in den kantonalen Gefängnissen vollzogen, ebenso kurze Strafen (z. B. tageweiser Vollzug).
Andere Haftformen
Nicht nur das Strafrecht sieht die Inhaftierung von Personen vor. Die Schweiz kennt neben der strafrechtlichen Haft andere Haftformen:
- Administrativhaft
– Vorbereitungshaft
– Ausschaffungshaft
– Durchsetzungshaft - Auslieferungshaft
- Fürsorgerische Unterbringung
Vollzugsformen der Freiheitsstrafe
Eine Freiheitsstrafe kann auf verschiedene Weise vollzogen werden.
Normalvollzug
Der Normalvollzug findet in einer offenen oder geschlossenen Institution statt.
Eine spezielle Form des Normalvollzugs ist die Einzelhaft.
Besondere Vollzugsformen
Es existieren drei verschiedene besondere Vollzugsformen:
Die Voraussetzungen für die Zulassung zu einer besonderen Vollzugsform sind im Strafgesetzbuch – wie viele andere Belange des Justizvollzugs – nur in den Grundzügen geregelt. Da die Kantone gemäss Art. 372 Abs. 3 StGB einen einheitlichen Vollzug der strafrechtlichen Sanktionen gewährleisten müssen, haben die Strafvollzugskonkordate hier – wie auch in anderen Bereichen – spezifische Richtlinien und Reglemente erlassen:
- Strafvollzugskonkordat Ostschweiz
Richtlinien für die besonderen Vollzugsformen (PDF) - Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz
Richtlinie betreffend die besonderen Vollzugsformen (PDF) - Lateinisches Strafvollzugskonkordat
Reglement über den Vollzug von Strafen in Form von gemeinnütziger Arbeit (PDF)
Reglement über den Vollzug von Freiheitsstrafen unter elektronischer Überwachung (PDF)
Reglement über den Strafvollzug in Form von Halbgefangenschaft (PDF)
Abweichende Vollzugsformen
Daneben gibt es abweichende Vollzugsformen für Gefangene mit Gesundheitsproblemen, bei Schwangerschaft und Geburt oder für Mütter mit Kleinkindern (Art. 80 StGB).
Vollzugsplan
Nach Antritt der Freiheitsstrafe oder Massnahme wird mit jeder verurteilten Person ein individueller Vollzugsplan erstellt. Dieser enthält Angaben über die angebotene Betreuung, die Arbeits- sowie die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Wiedergutmachung, die Beziehungen zur Aussenwelt und die Vorbereitung der Entlassung (Art. 75 StGB Abs. 3).
Progressiver Vollzug
Der Straf- und Massnahmenvollzug erfolgt in der Schweiz – wenn immer möglich – in Form des Progressionsvollzugs. Mittels der Gewährung von Vollzugsöffnungen wird der eingewiesenen Person die Gelegenheit gegeben, sich in immer grösseren Freiräumen zu bewähren. So kann eine schrittweise Reintegration gefördert und einer allfälligen (deliktrelevanten) Überforderung entgegengewirkt werden.
Vom Antritt der Strafe oder Massnahme bis Vollzugsende durchläuft die eingewiesene Person verschiedene Vollzugsstufen.